Eine Vaterunser-Katechese
Ein Gebet ist eine geistliche Begegnung mit Gott, den Heiligen oder unseren Verstorbenen. Zum geistlichem Erleben und zur Erbauung lässt sich dazu unendlich viel schreiben – und so gibt es auch eine unüberschaubare Literatur zum Gebet. Auch zum «Gebet des Herrn», dem Vaterunser.
Gerade weil dieses Gebet aber 2000 Jahre alt ist und selbst in der Übersetzung eine alte Sprache verwendet, bedarf es zur geistlichen Erschließung auch ein Hilfe zum Verstehen der Vater-unser-Bitten. Da zunehmend der Hintergrund eines jeden Gebetes – das Glaubenswissen – verdunstet, das Gebet aber immer in den Rahmen des Glaubens eingebettet ist, begreifen wir manchmal auch dann die Bedeutung der Gebetsbitten nur schwer, wenn wir die Worte verstehen. Es lohnt sich also, eine eigene Katechese zum Vaterunser zu schreiben.
Geheiligt werde…
Heilig ist zunächst nur Gott, ja, wir können heilig schon fast mit göttlich übersetzen. So heißt ein heiliger Mensch deshalb so, weil er für uns zur Erfahrung Gottes wird; wir heiligen uns, weil wir Gott ähnlich werden wollen, ein Ort, eine Zeit oder ein Gegenstand gilt als heilig aufgrund der jeweiligen Gott-Zugehörigkeit. Das althochdeutsche Wort «hei-lag» lässt etwas von einem göttlichen Glanz erahnen, der sich auf etwas Irdisches legt.
Mit anderen Worten: Etwas wird geheiligt, indem wir es nicht dieser Welt, sondern Gott zuordnen und uns ihm gegenüber entsprechend verhalten.
…dein Name
Der Name eines Menschen oder eines Dinges wird oft nicht nur als Rufname, sondern als Bezeichnung des inneren Wesens verstanden. So gibt es viele Mythen und Legenden (von Lohengrin bis hin zu Rumpelstilzchen), in der derjenige, der den geheimen Namen kennt, auch Macht über den Genannten hat.
Gott hat uns seinen Namen geoffenbart und sich damit (in gewisser Weise) in die Hände des Menschen gelegt. Während das «sich den Menschen ausliefern» im Alten Testament eher bildlich gemeint ist, geschieht das in Jesus Christus dann buchstäblich und schließlich in der Eucharistiefeier sakramental. Ein Gott, der sich in unsere Hände legt, gibt uns damit die Aufgabe, ihn gottgemäß zu behandeln. So wie jeder Mensch, der sich in unsere Hände begibt, auf unser Wohlwollen und Respekt vertraut.
Gottes Namen zu heiligen bedeutet also, Gott nicht seiner Göttlichkeit zu berauben (oder zumindest ihn nicht so zu behandeln, als sei er ein Geschöpf wie anderes auch). Wer Gottes Namen heiligt und sich um die Wahrung des göttlichen Geheimnisses bemüht, wird (fast wie nebenbei) selbst immer gottgemäßer.
Bunte Gedanken
- Glücklich wird, wer glücklich macht
- Was meinen wir mit «Dein Reich komme, dein Wille geschehe» im Vaterunser?
- Erlöste Erinnerung – Ein Element der Nahtoderfahrung christlich gedeutet
- Glaube, Kirche und die Politik (Gedanken am Tag der deutschen Einheit)
- Im November den Himmel träumen
- Im Winter wächst das Brot
- Herbstgedanken – Was wirklich zählt im Leben
Geistliches in der Kunst
- Das «Labyrinth» in der Kathedrale Notre Dame in Chartres
- Ben Willikens – Abendmahl (1976-79)
- Caravaggio: Die Berufung des Matthäus
- Betrachtung zum Kreuz aus Taizé
- Die mystische Mühle – Kapitell in der Basilika von Vézelay
Betrachtungen zu den kirchlichen Festen
- Wie kann es sein, dass Ostern den Tod überwunden hat? Es sterben doch immer noch Menschen!
- Weihnachtsfilme haben eine Botschaft – Welchen hast du dieses Jahr geschaut?
- Die Heiligen Drei Tage – Empathie und Hoffnung
- Fenster auf! Türen auf! Es ist Pfingsten!
- Warum gibt sich Jesus auf dem Weg nach Emmaus nicht zu erkennen?
- Was geschah an Ostern?
- Was feiern wir an Karsamstag?
- Was geschah an Karfreitag?
Alle Artikel zu «Geistliches» im Überblick
- Allerheiligen
- Allerseelen
- Ben Willikens – Abendmahl (1976-79)
- Betrachtung zum Kreuz aus Taizé
- Caravaggio: Die Berufung des Matthäus
- Christi Himmelfahrt
- Das «Labyrinth» in der Kathedrale Notre Dame in Chartres
- Das 3. Gebot: Ahme Gott nach – und lass ihn mal machen
- Das verkehrte Pfingsten – oder: Wohin der Heilige Geist wirklich führt
- Der Mensch ist ein Schatz! – Das Gleichnis vom «Schatz im Acker und der Perle» ist kein moralischer Aufruf, sondern großartiger Zuspruch – Mt 13,44-46
- Die Bitte um das tägliche Brot im Vaterunser – eine Fehlübersetzung?
- Die Erzählung vom Abreißen der Ähren (Mt 12,1-8) richtig verstehen
- Die Heiligen Drei Tage – Empathie und Hoffnung
- Die mystische Mühle – Kapitell in der Basilika von Vézelay
- Dreifaltigkeitssonntag
- Erlöste Erinnerung – Ein Element der Nahtoderfahrung christlich gedeutet
- Fastenzeit für Anfänger
- Fenster auf! Türen auf! Es ist Pfingsten!
- Fest der Heiligen Familie – Sonntag nach Weihnachten
- Fronleichnam
- Führt Gott in Versuchung? – Die schwierigste Bitte im Vaterunser
- Glaube, Kirche und die Politik (Gedanken am Tag der deutschen Einheit)
- Gleichnisse deuten: Das fehlende Hochzeitsgewand – Mt 22,1-14
- Gleichnisse deuten: Die klugen und törichten Jungfrauen – Mt 25,1-13
- Glücklich wird, wer glücklich macht
- Gründonnerstag
- Heilige Drei Könige – Epiphanie
- Herbstgedanken – Was wirklich zählt im Leben
- Hochfest der Gottesmutter Maria – Neujahr
- Im November den Himmel träumen
- Im Winter wächst das Brot
- Jesus und die Ehescheidung – Zwischen den Zeilen lesen
- Karfreitag
- Maria in der Bibel: Was wir über die Mutter Jesu wissen
- Ostern – Hochfest der Auferstehung
- Palmsonntag
- Pfingsten
- Predigt zu Silvester 2020 / Neujahr 2021
- Psalm 23
- Unbefleckte Empfängnis Mariens (8. Dezember)
- Verdrehte Auslegung: «Der barmherzige Samariter» – Lk 10,25-37
- Vergib uns unsere Schuld: Die fünfte Vaterunser-Bitte
- Warum gibt sich Jesus auf dem Weg nach Emmaus nicht zu erkennen?
- Warum Kevelaer ein «eucharistischer» Wallfahrtsort ist
- Warum knien sich Katholiken in der Messe hin?
- Was feiern wir an Gründonnerstag?
- Was feiern wir an Karsamstag?
- Was feiern wir an Palmsonntag?
- Was geschah an Karfreitag?
- Was geschah an Ostern?
- Was heißt «Geheiligt werde dein Name» im Vaterunser?
- Was meinen wir mit «Dein Reich komme, dein Wille geschehe» im Vaterunser?
- Weihnachten – Das Hochfest der Geburt unseres Herrn
- Weihnachtsfilme haben eine Botschaft – Welchen hast du dieses Jahr geschaut?
- Wen meinen wir, wenn wir das «Vaterunser» beten?
- Wie endet das Vaterunser? – Vom Bösen, dem Embolismus und der Doxologie
- Wie kann es sein, dass Ostern den Tod überwunden hat? Es sterben doch immer noch Menschen!