Die Krise und das Glück

Was brauche ich, um glücklich zu sein? –

Manche Menschen brauchen nicht lange zu überlegen, um darauf eine Antwort zu finden; sie sagen ganz einfach: eine Familie, in der ich geborgen bin – einen sicheren Arbeitsplatz – ein Austausch mit Freunden – oder auch ein Bierchen am Abend.

Einige werden vielleicht etwas länger überlegen und sagen: Glücklich bin ich, weil ich glauben kann, daß Gott mich liebt.

Für diese Menschen spielt der Glaube für das Glück eine große Rolle.

Wenn nun ein Unglück über uns hereinbricht, stellt das erst einmal vieles in Frage. Wenn ich krank werde oder jemand mich enttäuscht, wenn ich einen Unfall habe oder mir Unrecht geschieht: da geraten nicht nur Gewohnheiten und Sicherheiten ins Wanken. Sondern ich bin dennoch gut dran, wenn ich irgendwo einen Halt habe, einen Menschen, der mir hilft, oder einen Rückzugsort, wo es mir gut geht.

Wir erleben nun eine Zeit, die in mancher Hinsicht ungewöhnlich ist. Es gibt viele Menschen, die zwar nicht direkt ein Unglück getroffen hat, sie sind nicht krank, sie haben nicht ihre Heimat verloren, aber sie haben es mit der Angst zu tun bekommen. Ein unsichtbares Virus ist die Ursache für vielerlei Ängste, die unglücklich und sogar krank machen können: Bin ich gefährdet? Wo kann ich noch hingehen? Werde ich eine Reise antreten können? Behalte ich meinen Arbeitsplatz?

Diese Ängste gehen an die Substanz, und alles dreht sich nur noch um dieses eine Thema. – Wie geht es damit weiter?

Heute feiern wir den achten Weihnachtstag, der zugleich das Ende des alten Kalenderjahres und den Beginn eines neuen Jahres markiert. Wir feiern die Gottesmutter Maria, die ihrem Kind den Namen Jesus gegeben hat. Dieser Name bedeutet übersetzt: Gott rettet.

Haben wir damit schon einen Hinweis für unsere Fragen? Wenn es heißt, daß Gott rettet, stimmt das auch? Und wenn es stimmen sollte, warum erleben so viele Menschen so viele Unglücke, aus denen sie nicht errettet werden? – So wird der Glaube erschüttert. Ein Unglück, eine traumatische Erfahrung kann den Glauben erschüttern oder auch zerstören.

Was kann man dazu sagen? Der Glaube ist ein kostbares Geschenk, wir empfangen den Glauben in unserer Taufe, und er geht einher mit Vertrauen und Zuwendung. Einem, dem ich vertraue, kann ich auch glauben. Ich habe als Kind meiner Mutter auch geglaubt, daß Spinat etwas Gutes ist, weil er, wie sie mir erklärte, Eisen enthält. Ich sah zwar kein Eisen im Spinat, und glaubte auch nicht, daß man Eisen essen kann, aber ich nahm zu Recht an, daß sie für mich nur Gutes wollte, also vertraute ich ihr und glaubte, was sie sagte, und aß den Spinat. –

Dieses kleine Beispiel zeigt, daß der Glaube begleitet wird durch zwei andere Haltungen. Wenn ich jemandem glaube und vertraue, gehe ich davon aus, daß das gut für mein Leben ist. Das nennt man Hoffnung. Die Hoffnung nennt etwas gut, obwohl nicht immer sofort klar ist, daß es wirklich gut ist oder gut ausgeht. Zum Beispiel: Ich bin von einem Freund enttäuscht worden, aber es hatte am Ende für mich doch etwas Gutes, denn das hat meine Menschenkenntnis erweitert.

Und die Hoffnung sagt noch mehr: sie rechnet nicht automatisch mit einem Ergebnis, das ich mir ausdenke oder von dem ich meine, daß mich das jetzt glücklich macht. Sondern die Hoffnung rechnet auch realistisch mit der anderen Möglichkeit: daß es beim Schlechten bleibt. Dann gibt es zwar kein happy-end, aber die Hoffnung ist überzeugt: Nichts ist ohne Sinn. Und vielleicht wird mir der Sinn auch nicht in diesem Leben, sondern erst in einem anderen Leben gezeigt. – Aber das kann ich nur glauben, das kann ich nicht wissen.

 Also gehören Glaube und Hoffnung zusammen.

Und das Dritte ist die Liebe. Es gibt drei Haltungen, die wir die göttlichen Tugenden nennen: Glaube, Hoffnung und Liebe. Alle wollen das Glück anstreben, das Glück, nach dem wir suchen.

Doch nun müssen wir achtgeben: Meistens fragen wir: Was brauche ich zum Glück? Oder wir fragen: Wie glücklich bist du?

Die Liebe läßt diese Frage anders stellen. Nicht mehr: Möchtest du glücklich sein? Möchtest du glücklich werden? – Darauf wird wohl kein Mensch mit „Nein“ antworten. – Sondern die Liebe fragt: Möchtest du glücklich – machen? Den anderen, nicht zunächst dich selbst, sondern den Menschen, der dir begegnet, der dir anvertraut ist, für den du da sein kannst?

Wir wissen nicht, ob uns das neue Jahr 2021 Glück oder vielleicht auch neues Unglück bringen wird. Die Erfahrung sagt, daß es kaum das pure Glück geben wird.

Doch der Glaube, die Hoffnung und die Liebe sagen uns, daß wir das, was wir uns im Tiefsten wünschen, nicht selbst machen können. Wir brauchen Gott, und Gott hat uns in der Menschwerdung seines Sohnes gezeigt, wie sehr er sich nach uns sehnt. Obwohl er uns nicht braucht, beschenkt er uns mit dem Größten und Wertvollsten, was es überhaupt geben kann: mit sich selbst, mit seiner Liebe und Gegenwart in der Gestalt dieses kleinen und wehrlosen Kindes. Der Name des Kindes heißt „Gott rettet“. Möge uns der liebende und versöhnende Gott im neuen Jahr 2021 aus allen Gefahren, die uns an Leib und Seele bedrohen, erretten. Damit wir glücklich sind in Ihm und immer glücklicher werden.

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