Als seine Eltern alles getan hatten, was das Gesetz des Herrn vorschreibt, kehrten sie nach Galiläa in ihre Stadt Nazareth zurück.» Das ist das letzte Ereignis in der Kindheit Jesu, das berichtet wird. Nur von dem Bericht über den Verlust des zwölfjährigen Jesus unterbrochen, schweigt sich die Hl. Schrift ab nun über fast dreißig Jahre des Lebens Jesu aus.

Wer das Leben Jesu betend hört oder liest – und nicht nur neugierig wie einen Zeitungsbericht – dem kann gerade das Schweigen der Evangelisten so einiges sagen.

  • Zum Beispiel wird deutlich, wie wichtig es ist, dass sich vieles zunächst einmal im Verborgenen abspielt. Wie alles in der Natur braucht auch alles in unserem Leben Raum und Ruhe, um heranzureifen.
  • Vor allem das Gebet muss in alle Ruhe gelernt werden. Nicht sofort in aller Öffentlichkeit, in der Hochform der Liturgie, des Gottesdienstes hier in der Kirche. Nein, zunächst brauchen wir den geschützten Raum der Familie, um beten zu lernen. Wer zuhause nicht betet, der kann es auch nicht in der Kirche. Wie soll jemand, der sich schämt, mit seinem Ehepartner zu beten, in der Kirche mit wildfremden Leuten beten?
  • Das Schweigen über das Leben der Heiligen Familie in Nazareth lehrt uns weiter, wie wichtig das erfüllte Schweigen in der Familie ist. Gerade Menschen, die sich nichts mehr zu sagen haben, beginnen damit, pausenlos zu reden, die Stille mit Fernsehen oder Musik zu übertönen. Wir verlieren schnell den Blick für das Schöne in uns, das liebenswerte in den Anderen. Wir verlieren uns selbst aus den Augen. Wenn wir irgendwo lernen können, wie wichtig die Ruhe ist zur persönlichen Vorbereitung, zum Gebet, zur Ordnung meines eigenen geistlichen Lebens, dann nur in der Familie.
  • Wie tief das Wesen der Liebe ist, lernen wir weiterhin vor allem in der eigenen Familie: Wir sind nicht eine Familie, weil wir gut zu einander passen. Wir haben uns unsere Eltern nicht ausgesucht, wir haben uns unsere Kinder nicht aus dem Katalog gewählt. Wir haben uns als Familie nicht zusammengefunden, weil wir uns innerlich so nahe stehen. Sondern umgekehrt: Weil wir eine Familie sind, deshalb gehören wir zusammen. Sympathie oder ein zärtliches Gefühl machen es uns leichter, einander zu lieben. Aber tiefer geht das, was Gott uns wissen lässt: Ich habe Euch als Familie so gewollt. Bleibt in meiner Liebe.
  • Ein Letztes zeigt uns die Heilige Familie, besonders in der Person des Josefs. Es ist nicht sein Kind, das er heranzieht, für das er arbeitet und lebt. Aber er hat es angenommen. So haben auch heute einige Eltern Kinder angenommen, die nicht ihre eigenen sind. Und scheinbar liegt die Betonung dann auf den letzten Satzteil: «Die nicht ihre eigenen sind.» Aber worauf es vor Gott ankommt, ist der erste Teil: Sie haben es angenommen. Denn nur das macht eine Familie zur Familie: Dass sie sich annehmen.

Auch das ist die deutliche Botschaft der dreißig verborgenen Jahre: Dass Gott uns und unser Leben angenommen hat, dass er uns als seine Kinder angenommen hat. Weil er uns, meine lieben Schwestern und Brüder, liebt wie seinen eigenen Sohn.

Damit wir einander sagen können: «Meine lieben Schwestern und Brüder!»

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