Nichts. Der Karsamstag ist der einzige Tag im Jahr, an dem keine offiziellen Gottesdienste gefeiert werden. Der Tabernakel in der Kirche ist leergeräumt, das ewige Licht gelöscht, die Glockenläuten nicht und die Weihwasserbecken an den Eingängen der Kirche sind leer.
Privates Gebet, Andachten in Gruppen
Selbstverständlich ist den einzelnen Gläubigen das Gebet nicht untersagt – im Gegenteil. Der Tag der Grabesruhe darf sogar als eine besondere Einladung zum innerlichen Gebet verstanden werden. In vielen Kirchen wird zum Beispiel ein «Heiliges Grab» aufgebaut, das Besucher zum Schauen und Beten einlädt. In manchen Ländern, Kulturen oder Städten gibt es lokale Traditionen, von den «düsteren Metten» bishin zu scheinbar ziellosen Prozessionen, die die Suche der Jünger nach ihrem Herrn nachempfinden.
Das Pessah-Fest – zwischen Karfreitag und Ostern
Mit dem Karsamstag als Tag der Grabesruhe bezieht sich die Kirche auf den historischen Tag zwischen der Kreuzigung Jesu (Karfreitag) und der Auferstehung (Ostersonntag). Dazwischen lag der Höhepunkt des Pessah-Festes der Juden, weshalb auch am Karfreitagabend auf die Leichenwäsche Jesu verzichtet wurde: Wer mit menschlichem Blut und Verstorbenen in Berührung kam, konnte dieses Fest nicht feiern.
Den ganzen Samstag über geschah dann im und um das Grab Jesu: Nichts.
Soldaten am Grab
Vor dem Grab waren römische Wachen postiert, da die Juden Pilatus darauf aufmerksam machten, dass Jesus von einer Auferstehung oder Wiederkehr gesprochen habe und dieses vielleicht durch den Diebstahl des Leichnams von seinen Anhängern simuliert werden könnte.
Auch diese Wachen haben über den Samstag nichts zu berichten.
Sabbath – Der Tag des Herrn
Für die Juden jedoch war der Sabbath nicht einfach ein Tag, an dem nichts geschah. Es war der Tag des Herrn: Am Sabbath sollte alle menschliche Arbeit ruhen, um das Wirken Gottes zuzulassen und wahrzunehmen. Ein Tag der göttlichen Aktivität!
Dieser Gedanke ist auch für uns und eine geistliche Deutung des Karsamstags wichtig: Denn das Ruhen der menschlichen Arbeit und auch des kirchlichen Feierns lässt einen tieferen Blick auf das Wirken Gottes zu. Denn für unsere Augen unsichtbar geschieht an diesem Karsamstag Weltbewegendes!
Die Höllenfahrt Jesu
Wer auf dem Beifahrersitz eine waghalsige Fahrt eines geübten Rennfahrers miterlebt hat (oder, noch schlimmer: Eines sich selbst überschätzenden Anfängers), der spricht gerne von einem «Höllentrip», den er hinter sich hat. Nun, in diesem Sinne war eher der Kreuzweg Jesu bis hin zum Tod am Kreuz eine «Höllenfahrt». Am Tag nach seinem Tod ist das «Hinabsteigen Jesu zu den Vätern» dagegen kein «Höllentrip», sondern ein Triumphzug! Davon steht nichts in der Bibel und den historischen Berichten – es ist kein weltliches, sondern ein geistiges Ereignis. Aber dennoch real! Denn Jesus eröffnet erst mit seinem Tod die Möglichkeit für uns Menschen, Anteil am Liebesgeschehen der Dreifaltigkeit zu bekommen. Alle Gerechten des Alten Bundes – also die gläubigen Menschen, die vor Christi Geburt gestorben waren – warten dieser Vorstellung nach sehnsüchtig auf die Erlösung und die «Öffnung der Tür zum Himmel».
Wenn wir also im Glaubensbekenntnis sprechen «Hinabgestiegen in das Reich des Todes», dann ist damit eine kosmische Rettungsaktion umschrieben: Jesus holt als erstes die Wartenden der Vorzeit in sein himmlisches Reich.
Der Karsamstag ist also gar nicht still. In dieser Welt und unserer Kirche geschieht nicht viel – nur Gott ist am Werk.
Wer aber genau hinhört, vernimmt vielleicht den Jubel derjenigen, die an diesem Tag Einzug in den Himmel halten.
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