Grundsätzliche Überlegungen zu den Marienerscheinungen
Seit 1830 häufen sich die Berichte von Marienerscheinungen innerhalb der katholischen Kirche. Maria erscheint ihren Kindern – das können wir noch glauben. Aber warum? Und warum seit 1830 in zunehmenden Maße? Und warum gerade Maria – und nicht Jesus?
Um diesem Phänomen gerecht zu werden, stellen wir uns zuerst die Frage: In was für einer Zeit leben wir denn – seit 1830?
Das Übel unserer Zeit
Wir leben in einer Zeit, die vom Unglauben (Horizontalismus – Antisupranaturalismus – Materialismus – Immanentismus – die Ausdrücke meinen immer das Gleiche) geprägt ist. Es mag hier gleichgültig sein, ob diese Strömung der Grund dafür ist, dass der Glaube schwindet, oder aber ob «Horizontalismus» nur ein anderes Wort für «Unglauben» ist.
Wir denken – auch als Christen und als Katholiken – zunehmend in diesen innerweltlichen Kategorien; wir sind in dieser Welt und können uns diesem Denken, das versucht, ohne Gott auszukommen, nicht entziehen. Paul VI. spricht davon, dass «der Rauch Satans in die Kirche eingedrungen ist». Damit meint er vielleicht genau das: Dass wir, obwohl wir aufrichtig darum bemüht sind, Gottes Offenbarung ganz zu leben, uns verführen lassen, das Natürliche absolut zu setzen und das Übernatürliche zu leugnen.
Als ein Beispiel betrachten wir einmal unser Bittgebet: Wenn wir für Opfer von Krieg und Naturkatastrophen beten – beten wir dann, dass Gott ihnen Helfer schicken möge? Oder beten wir, dass Gott ihnen helfe? Und wenn ein Krieg vom Frieden abgelöst wird – sind wir uns bewusst, durch unser Gebet dazu beigetragen zu haben? Die Fürbitten im Gottesdienst – sind sie nur ein andachtsvolles Gedenken – oder eine vertrauensvolle Bitte um das Eingreifen Gottes?
Das Rechnen mit der Güte und Allmacht Gottes findet auch im gläubigen Volk der Kirche noch wenig Anhang. Immer mehr wird alles, was gnadenhaft und göttlich ist, verdrängt. Heute gilt beispielsweise:
- Gebet ist Selbsterfahrung, Selbstheilung. Jede Antwort im Gebet wird als Stimme des Unterbewussten gedeutet
- Sünde ist Krankheit, «anderes» Verhalten, therapierbar
- Wunder sind Parabeln, Bilder, Massenphänomene, hysterische Phänomene
- Sakramente sind nur Heilszeichen, Verdeutlichungen, Bilder, Symbolhandlungen
- Das Lehramt ist soziologisch und geschichtlich gewachsen, bar jeder Geistbegabung
- Die Bibel ist literarisch zu sehen und zu verstehen, die Inspiration wird abgelehnt
- Der Teufel ist abgeschafft, das Böse lebt nur in Strukturen
- Die Hölle gibt es nicht mehr, bzw. ist leer
Im Grunde läuft alles auf die Abschaffung des Glaubens hinaus, aber eben so schleichend und unbemerkt, dass es Vorstufen gibt, die wir noch als christlich empfinden und nicht energisch genug bekämpfen.
Die «Epoche des Teufels»
In dem Film «Die üblichen Verdächtigen» heißt es: «Der größte Trick, den der Teufel jemals gebracht hat, ist die Welt glauben zu machen, dass es ihn nicht gäbe». In dem Film «Im Auftrag des Teufels» sagt der Teufel: «Bei allen großen Fortschritten habe ich meine Finger im Spiel gehabt. Ich bin ein Fan der Menschen! Ich bin Humanist. Kein Mensch, der noch ein bisschen Verstand besitzt, wird ernsthaft leugnen, dass das vergangene Jahrhundert mein Jahrhundert gewesen ist.»
Wir Christen kommen nicht darum herum, die Existenz des Teufels als eine bösartige und intelligente Quelle anzunehmen, wenn wir die Geschichte verstehen wollen. Unser Leben besitzt eine Ernsthaftigkeit, die es notwendig macht, Position zu beziehen. Mit der Abschaffung des Satans und der Hölle, also der Leugnung der realen Möglichkeit, sich gegen Gott zu entscheiden (s. Rahner und das anonyme Christentum), wird jede Lebensentscheidung bedeutungslos und somit jede Erlösung überflüssig:
- Wenn es keinen Satan gibt, gibt es auch keine Hölle.
- Wenn es keine Hölle gibt, gibt es auch keine Sünde, die von Gott auf Dauer trennt.
- Wenn es keine Sünde gibt, brauchen wir auch keine Erlösung.
- Also brauchen wir auch keine Sakramente, vor allem nicht die Eucharistie und die Beichte.
- Also ist auch an Maria nichts Besonderes, ebensowenig brauchen wir die Kirche.
- Wir kommen also sehr gut ohne Gott und Glauben aus.
Wir kommen sehr gut ohne Gott und Glauben aus, selbst, wenn wir dessen Existenz nicht leugnen! Wir können gottlos leben und trotzdem (aus kulturellen oder sozialen Gründen) einer Religionsgemeinschaft angehören. Das ist der praktische Atheismus, die Geißel unserer Zeit.
Seit wann ist das so?
Aufgekommen ist das langsame, heimliche Leugnen (im Gegensatz zum offenen Glaubensabfall, den es schon immer gegeben hat) im 19. Jahrhundert, also 1800 und später, mit der Aufklärung, vor allem mit den französischen Aufklärern. Eine konkrete Ausformung war z.B. die französischen Revolution. Die Leugnung der Existenz des Bösen – auch ein Zeichen des Materialismus – begann mit der Zeit der Aufklärung.
- Genau seit dieser Zeit beginnen die Marienerscheinung der Neuzeit (warum diese sich von den früheren Erscheinungen unterscheiden, wird noch herausgestellt); und zwar beginnend mit den ersten Marienerscheinungen in Frankreich: In der Rue du Bac, in Pontmain, in Lourdes. Denn in Frankreich hat ja der praktische Atheismus seinen Ausgangspunkt!
- Die im praktischen Atheismus gemachten ersten Schritte – Leugnung des Bösen, der Sünde, der Erlösung, der Sakramenten und der Kirche – finden ihren Widerspruch ausdrücklich in den Marienerscheinungen der Neuzeit: Warnung vor dem Bösen, Mahnung zur Umkehr und Ablassen von der Sünde, Hinweis auf die einzige Erlösung in Christus, Mahnung zum Gebet, zur Buße und Beichte und zur Eucharistiefrömmigkeit, ausgesprochene Beichtpraxis und Kirchlichkeit.
Analysiert man die Botschaften Mariens, von der Rue du Bac bis nach Medjugorje, so finden sich genau diese Elemente im Kern der Botschaften. Der «Epoche des Teufel» steht somit Zug um Zug das marianische Zeitalter gegenüber.
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