Wer zum Beispiel im Internet nach Belegen dafür sucht, wann Jesus denn nun genau geboren wurde (in welchem Jahr und an welchem Tag), der findet zahlreiche einander widersprechende Artikel, die alle für sich scheinbar gut informiert sind und aus renommierter Feder stammen. Nicht selten nimmt sogar ein Professor dazu Stellung.
Hält man die schiere Zahl der Statements gegeneinander, scheint letztlich die Frage weiterhin ungeklärt zu sein.
Wer aber die Argumente sichtet, sortiert und bedenkt, kommt verblüffenderweise doch zu einer Antwort – wenn auch mit Einschränkung.

Der Tag

Es stimmt: Über fast vier Jahrhunderte feierten die ersten Christen kein Geburtsfest Jesu; erst für den 25. Dezember im Jahr 353 oder 354 finden wir die erste Überlieferung für eine Predigt des römischen Bischofs am «Tag der Geburt des Erlösers». Das dürfte das älteste uns bekannte Weihnachtsfest sein.
Interessant ist daran allerdings, dass nach einem jahrhundertelangem Schweigen das Weihnachtsfest spontan auftritt – und ohne größere innerkirchliche Diskussion. Auch zuvor gab es keine konkurrierenden Festtagstermine, wie es z. B. im Osterfeststreit belegt ist. Das fehlen eines Streits und einer Diskussion würde dem entsprechen, was sich schon in einer frühchristlichen Schrift findet: «Der Geburtstag des Herrn ist uns bekannt.»

Wir könnten also die Festlegung auf den 25. Dezember vertrauensvoll auf einer Tradition zurückführen, die die frühe Kirche zwar bewahrt hat, die uns aber erst im 4. Jahrhundert bekannt wurde.

Sol invictus

Wir können aber auch fragen, ob es gute Gründe für die Wahl des 25. Dezember gab. Eine sehr bekannte, weiter verbreitete und immer wieder zu findende Theorie bezieht sich auf das Geburtsfest des römischen Gottes Sol invictus («Unbesiegbarer Sonnengott»), dessen Geburtstag man am 25. Dezemeber feierte – oder auf den Bezug auf de kürzesten Tag des Jahres, der Wintersonnenwende. Oder aber man bringt beides zusammen: Die Winterdunkelheit konnte die Sonne nicht besiegen, die daraufhin wieder ihren Siegeszug begann und die Tage wieder länger werden ließ – entweder als Sol invictus oder aber als Jesus Christus.

Vielleicht wurde auch das Sol-Invictus-Fest auf den 25. Dezember gelegt, um dem Christentum Paroli zu bieten.

Allerdings ist die Behauptung, der 25. Dezember sei im Sol-Invictus-Kult Vorbild für das christliche Weihnachtsfest, nicht gesichert. Denn der Zusammenhang könnte genauso gut andersherum sein: Möglicherweise wurde der Sol-Invictus-Termin festgelegt, um in Konkurrenz zum christlichen Weihnachtsfest zu treten. Wann der 25.12. nämlich Teil des Sol-Invictus-Kultes wurde, ist ebensowenig geklärt, wie auch die Frage, ob der 25.12. überhaupt fester Bestandteil des Kultes war.

Die Wintersonnenwende

Ein anderer Einwand bezieht sich auf die offensichtliche Tatsache, dass nicht der 25.12., sondern der 21.12. der Tag der Wintersonnenwende ist (je nach Erdumlaufbahn auch mal der 20. oder 22. Dezember). Von den Beobachtungen in Stonehenge und anderen Orten der Welt wissen wir, dass die Sternbeobachtung diesen Unterschied schon über 3000 Jahre vor der Geburt Christi ausmachen konnte.

Der 25. März

Es gibt aber eine andere Theorie, die sich in letzter Zeit auch im Internet weiter verbreitete und ihren Niederschlag in einigen Artikeln, Blogs und Podacsts gefunden hat (so zum Beispiel bei Johannes M. Schwarz). Diese geht von der Tatsache aus, dass der 14. Nisan in der jüdischen Vorstellung eine herausragende Bedeutung hat. An diesem Tag wird nicht nur das alljährliche Pascha-Fest gefeiert; an einem 14. Nisan hat auch der Auszug aus Ägypten stattgefunden. Sogar der Beginn der Welterschaffung wird auf einen 14. Nisan datiert.
Der 14. Nisan wäre nach unserem heutigen Kalender (für das Jahr 30) der 25. März gewesen. Nimmt man nun dasselbe Datum für den Beginn des irdischen Lebens Jesu (= die Empfängnis) an, und rechnet die Dauer von Marias Schwangerschaft von neun Monaten dazu, landet man beim 25. Dezember.

Es spricht vieles dafür, dass aus dieser jüdisch-traditionellen Auslegung der 25. Dezember als Geburtstermin angenommen wurde.

Ob es sich dabei nun um eine rein theologische Annahme ohne jeden Realitätsbezug handelt (es gibt einiges, was im Weihnachtsbericht gegen den Dezember spricht), oder ob Gottes Plan genau dieses Datum vorgesehen hat und die jüdischen Annahmen gottgewollte Vorausdeutungen auf das Weihnachtsgeschehen sind (die Planetenkonjugationen deuten eher auf den März als den Tag der eigentlichen Menschwerdung), das mag dann Glaubenssache sein.

Das Jahr

Es darf uns nicht überraschen, dass die Jahresangabe für die Geburt Jesu ebenfalls recht unklar ist – zur damaligen Zeit gab es keine allgemeingültig, kulturübergreifende Jahreszählung. Erst einige Jahrhunderte später wurde anhand der Regierungsjahre (die als Zählungsjahre dienten) versucht, die Geburt Jesu auf ein mit anderen Zählsystemen abgestimmtes Jahr festzulegen. Dass dabei Fehler entstanden sein können, darf uns nicht verwirren.

Drei Angaben bei Lukas

Im Lukas-Evangelium findet sich die Angabe: «Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde. Und diese Schätzung war die allererste und geschah zur Zeit, da Quirinius Statthalter in Syrien war.» Darin sind drei Angaben enthalten: Einmal soll Kaiser August im Augenblick der Geburt Jesu Kaiser von Rom gewesen sein. Nun, diese Datierung bietet keinerlei Schwierigkeit: Augustus konnte auf einer recht lange Herrschaftszeit zurückblicken – von 27 v. Chr. bis 14 n. Chr.

Desweiteren ist dort von einer Volkszählung die Rede. Eine allgemeine, das ganze Reich betreffende Zählung, die zum Aufbruch von Maria und Josef führte, wäre um das Jahr 9 vor Christus anzusiedeln. Allerdings betraf diese nur römische Bürger (was Josef offensichtlich nicht war – sonst wäre auch Jesus ein römischer Bürger und nicht gekreuzigt worden). Es könnte sich auch um eine regionale Volkszählung gehandelt haben, die allerdings erst für 6. n. Christus belegt ist.

Ebenfalls erst für 6 n. Chr. ist belegt, das Quirinius Statthalter von Syrien wurde (weshalb er dann mit einer regionalen Volkszählung begann). In dieser Angabe könnte der Evangelist Lukas sich also geirrt haben – oder, auch diese Theorie gibt es, Qurinius war schon vor der offizielle Ernennung zum Statthalter von Syrien de facto mit dieser Aufgabe betraut.

Drei Angaben bei Matthäus

Es gibt aber noch drei weitere Hinweise, diesmal im Matthäusevangelium, die Klarheit bringen können:

Erstens: Dem Matthäusevangelium zufolge wurde Jesus zu Lebzeiten des König Herodes geboren, der allerdings von 41 bis 4 vor Christus lebte. Das wäre ein Hinweis auf eine Vordatierung des Weihnachtsfestes.

Zweitens: Auch die Erwähnung des Sterns weist auf einen früheren Zeitpunkt: Eine mögliche Herleitung des Sterns von Bethlehem – so zum Beispiel Prf. Boller – ist der Bezug auf eine seltene Planetenkonstellation, und zwar eine Konjunktion von Jupiter und Saturn. Dabei kommen sich diese zwei Planeten am Firmament so nahe, dass sie sich zu berühren scheinen, weshalb sie von der Erde aus gesehen wie ein einziger Stern leuchten – der Weihnachtsstern, so Bollers Hypothese. Eine solche Konjunktion von Jupiter und Saturn, die nur etwa alle zweihundert Jahre vorkommt, war im Jahr 7 vor Christus zu sehen. Mehr noch: Jupiter habe seinerzeit bei den Himmelskundigen als Königsplanet und Saturn im Sternbild der Fische als Planet Israels gegolten. Am 15. März des Jahres 7 vor Christus zwischen 4.30 und 5 Uhr gehen Jupiter und Saturn erstmals als Planetenpaar am Horizont auf, eine weitere Konjunktion ergibt sich am 15. September und eine letzte am 13. November.

Der dritte Hinweis, der sich im Matthäusevangelium findet, ist vom Geschichts-Journalist Michael Hesemann herausgearbeitet worden. Herodes ließ nämlich (nachdem die Magier aus dem Morgenland nicht zu ihm zurückkehrten) alle Kinder in Bethlehem bis zu zwei Jahren töten – entsprechend den Angaben der Magier den Zeitpunkt der Erscheinung des Sterns entsprechend. Michael Hesemann folgert daraus, dass der Stern zum ersten Mal bereits zwei Jahre vor der Geburt Jesu erschien (nach Prof. Boll im Jahre 7-6 v. Chr). Erst deutlich danach machten sich die Magier (heute als «Heilige Drei Könige» bezeichnet) auf den Weg. Zwei Jahre später sahen die Magier zum Zeitpunkt der Geburt Jesu einen anderen Stern, nämlich eine Supernova (eine einmalige Sternexplosion). Diese wurde von chinesischen Astronomen dokumentiert, und zwar für das Jahr 4. v. Chr. Da Herodes nicht wusste, ob der neue König nicht vielleicht schon beim ersten Erscheinen des Sterns im Jahre 7/6 vor Chr. geboren wurde, ließ er alle in diesem Zeitraum geborene Kinder in Jerusalem töten.

Wenn wir also alle Hinweise zusammentragen, können wir mit ziemlicher Sicherheit das Jahr 5 oder 4 vor Chr. als das Geburtsjahr Jesu ausmachen.

Übereinstimmung mit dem Todesjahr Jesu

Nach jüdischer Tradition durfte ein Mann erst mit Beginn des 30. Lebensjahres öffentlich lehren; sich selbst Rabbi nennen durften sich Juden (in diesem Fall die Apostel) erst, wenn sie zuvor drei Jahre bei einem Rabbi gelernt hatten. Daraus ergibt sich das überlieferte Lebensalter Jesu von 33 Jahren. Wenn Jesus im Jahre 5 vor Christus geboren wurde, käme das Jahr 28 n. Chr. als Todesjahr in den Blick, was sich mit anderen Hinweisen deckt.

24. oder 25. Dezember? Oder 6. Januar?

Relativ unbedeutend ist dagegen die Verschiebung der Weihnachtsfeierlichkeiten in bestimmten Regionen oder Konfessionen unserer gegenwärtigen Welt. So wird in einigen Ländern Weihnachten scheinbart schon am 24. Dezember gefeiert, während andere Ländern auf den 6. / 7. Januar warten.

Der 24. Dezember

Auch die Kulturen, die den Heiligen Abend als Hauptfeiertag und Geschenke-Tag begehen, sind sich kirchlich und liturgisch bewusst, dass der eigentlich Feiertag der 25. Dezember ist. Vor allem im deutschen Sprachgebiet hat sich schon seit langem die Tradition gebildet, den Vorabend zum Weihnachtsfest, den Heiligen Abend, als Beginn der Weihnachtsfeierlichkeiten anzusehen.

Neben den deutschsprachigen Ländern findet die Bescherung unter anderem auch in Argentinien, Ungarn und den nordischen Ländern an Heiligabend statt. In den meisten anderen Ländern, vor allem den englisch- und französischsprachigen, werden die Geschenke am Morgen des ersten Weihnachtstages verteilt.

In Europa ist der 24. Dezember in folgenden Ländern ein gesetzlicher Feiertag: Bulgarien, Estland, Litauen, Slowakei, Schweden, Tschechien und in der Republik Zypern.

Mancherorts ist so der Eindruck entstanden, Weihnachten selbst fände am 24.12. statt. In Wirklichkeit handelt es sich jedoch um ein Missverständnis weltlicher Art. Liturgisch und theologisch gibt es hier keine Differenzen.

Im Gegensatz zum Osterfest, das keinen Vorabend kennt und erst in der Nacht feierlich eröffnet wird, beginnen in der katholischen Kirche alle Hochfeste, Feste und Sonntage mit dem Vorabend. Dennoch halten die meisten Kulturen daran fest, den Geschenke-Reigen und die Feierlichkeiten mit dem Weihnachtsmorgen zu beginnen.

Der 6. Januar

Anderer Art ist der Unterschied zwischen dem 25. Dezember und dem 6. Januar als Weihnachtstermin. Dem zugrunde liegt eigentlich der gleiche Weihnachtstermin, der dann jedoch durch eine Kalenderreform, die vor allem die Länder und Konfessionen des Ostens nicht mitmachten, auf zwei verschiedene Tage fiel.

Für Länder wie Russland, Georgien, Armenien, Weißrussland, Serbien, Ägypten, Äthiopien und Kasachstan gilt seitdem: der 6. Januar ist der Heilige Abend, das Geburtsfest Jesu wird am 7. Januar gefeiert.

Italien bildet hier einen Sonderfall: Obwohl das Weihnachtsfest am 25.12. gefeiert wird, erhalten die Kinder ihre Geschenke oft erst am 6. Januar (gebracht von der guten Hexe Befana).

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