Das hier mag eine aktuelle Diskussion sein, die vielleicht morgen schon verebbt und anderen Fragen weicht. Aber zur Zeit ist die Frage nach der Ausgestaltung des bischöflichen Amtes dramatisch, führt sie doch zu einem immer schärfer werdenden Konflikt mit römischen und päpstlichen Autoritäten. Aber auch die Nöte und Ansprüche der Priester vor Ort und der Gemeinden leidet unter einer zunehmenden nicht-Ausübung des bischöflichen Amtes.

Hier zunächst nur eine kurze Stellungnahme, eine ausführlichere Darstellung des bischöflichen Amtes soll zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen.


Das dreifache bischöfliche Amt

Dem Bischof ist ein dreifaches Amt aufgegeben: das der Leitung, der Lehre und der Heiligung (durch die Sakramente). Und ganz dem Gedanken der «umgekehrten Pyramide» verpflichtet ist jedes Amt zunächst ein Dienst. Der Bischof dient mit seinem Amt (mit Hilfe der Priester und der Diakone) seiner Ortskirche, dem Bistum. Indem er leitet, verhindert er Machtkämpfe; indem er lehrt, vermeidet er Glaubensverwirrung und indem er heiligt, stärkt er die Charismen im Bistum und die Wahrnehmung des allgemeinen Priestertum durch die Gläubigen.

Verzicht auf Macht – oder Verweigerung von Dienst?

Jeder Bischof ist verantwortlich für die Glaubenslehre gegenüber der ihm anvertrauten Herde. Das bringt natürlich einen gewissen Machtanspruch mit sich – wobei im Sinne der Botschaft Jesu hier besser von Vollmacht gesprochen werden sollte –, ist aber letztlich ein unverzichtbarer Dienst.
Dieser Auftrag zur Leitung und Lehre korrespondiert mit der Weihe des Bischofs. Dadurch wird ihm nicht nur der Beistand des Geistes zugesichert, sondern auch der Auftrag mitgeteilt, nicht in seinem Sinne zu leiten und zu entscheiden, sondern sich ganz in den Auftrag Jesu zu stellen. Denn der wahre Hirte der Herde – der wahre Leiter der Ortskirche – ist und bleibt Christus.

Was ist nun davon zu halten, wenn ein Bischof in persönlicher Bescheidenheit diese Macht (oder zumindest Teile davon) abgibt? Das kann geschehen, indem ein Bischof darauf verweist, dass er eine Frage des Glaubens nicht entscheiden möchte, sondern auf die Gemeinschaft der Bischöfe verweist. Oder er errichtet einen Rat (zum Beispiel den sogenannten «Synodalen Rat»), dem er freiwillig und selbstbestimmt einen Teil der Leitung gewährt. Ist das nicht vorbildhaft?

Der Verweis auf die Weltkirche

Tatsächlich gibt es theologische oder lehramtliche Fragen, die ein einzelner Bischof nicht entscheiden kann, sondern der Kirche insgesamt vorlegen muss. Das gilt vor allem für alle noch offenen theologischen Fragen, die noch nicht geklärt wurden (wie zum Beispiel in den 60-er Jahren die Frage nach der künstlichen Empfängnisverhütung, die erst durch Erfindung der «Pille» entstand).

Allerdings besteht die Lehr-Aufgabe des Bischofs nicht darin, die christliche Lehre zu definieren, sondern zu vermitteln. Immer dann also, wenn lehramtliche Entscheidungen längst gefällt wurden oder aus der Mitte des Glaubens heraus eindeutig sind, wäre der Verweis eines Bischofs auf eine Entscheidung der Weltkirche eine unzulässige Verweigerung seines Dienstes.

Dabei ist die Frage, ob etwas längst entschieden ist, oft einfacher zu klären, als es in theologischen Diskussionen manchmal erscheint. Darin besteht der Dienst des Papstes: definierte Lehren als solche zu kennzeichnen und in Erinnerung zu rufen. Zwar kann der Papst (alleine oder mit einem Konzil) auch Lehren definieren, die zuvor noch offen waren. Aber das geschieht selten. Viel wichtiger ist die Aufgabe, dem Lehramt der Bischöfe darin zu dienen, die bereits geklärten Fragen als solche kenntlich zu machen und die existierende Antwort in Erinnerung zu rufen.

Ein «Brief aus Rom» ist also in der Regel keine Einmischung der vatikanischen Behörde in die Autonomie eines Bistum, sondern die Wahrnehmung des päpstlichen Dienstes an der Einheit der Kirche.

Priesterweihe der Frau
Konkret bedeutet das in der jetzigen Diskussion: Ein deutscher Bischof kann die Lehre bezüglich der Unmöglichkeit, Frauen zu Priestern zu weihen, nicht der Weltkirche überlassen. Denn die Frage ist geklärt – mehrfach und endgültig. Es ist also die Aufgabe eines jeden Bischofs, diese Entscheidung zu lehren, zu erklären und deren Umsetzung zu befördern.

Eine neue Moral
Ebenso ist die Neubewertung der Moral – vor allem der Sexualmoral der Kirche – keine Frage, die ein Ortsbischof der Weltkirche zur Klärung vorlegen kann und dann auf deren Entscheidung wartet. Die Moral der Kirche ist genauso wie der Glaube der Kirche dem Amt des Bischofs vorgegeben. Seine Aufgabe ist es, den Glauben zu verkünden und die Moral den Gläubigen nahezubringen.

Das Priesteramt
Das gleiche gilt für das Wesen des geweihten Priestertums, dessen Rechte und Pflichten, Dienste und Aufgaben. Gerade im letzten Konzil wurden sowohl die bischöflichen, als auch die priesterlichen Aufgaben klar beschrieben und aufgewertet. Dahinter kann kein Bischof zurück und diese Lehren des vatikanischen Konzils zurückhalten, bis eine erneute Klärung der Weltkirche erfolgt (warum sollte etwas, das klar ist, nochmal entschieden werden?). Seine Aufgabe ist es, die Umsetzung des Konzils zu garantieren, nicht zu vertagen.

Gegen die Verzögerung, klare Lehren zurückzuhalten mit dem Verweis auf eine noch ausstehende Klärung durch die Weltkirche, gibt es noch einen weiteren Einwand: Wenn ein Bischof darauf verzichtet, eine christliche Lehre zu verkünden und zu vertreten und auf die Weltkirche verweist, so verweist er letztlich nur auf das Amt anderer Bischöfe. Hinter dem Begriff «Weltkirche» verbirgt sich ja keine neue und übergeordnete Autorität, sondern das gleiche bischöfliche Amt. Verweigert also ein Bischof die Lehre mit Verweis auf die anderen Bischöfe, so überträgt er anderen eine Aufgabe, die er selbst nicht bereit ist zu schultern.

Die freiwillige Bindung an synodale Räte

Ähnliches gilt auch für die freiwillige Bindung der bischöflichen Leitungsvollmacht an die Entscheidungen von Gremien, synodalen Räten oder anderen Beratungsgremien. Ein solcher Schritt wirkt bescheiden und bringt ohne Zweifel eine Entlastung des Bischofs von seiner Verantwortung.
Zunächst ist ganz klar zu betonen, dass es eine lange Tradition gibt, solche Räte einzurichten und vor Entscheidungen zu hören. Angefangen bei den Pfarreiräten (oder Pfarrgemeinderäten) über den Kirchensteuerrat, Priesterrat, Diözesanrat usw. auf der Bistumsebene bis hin zu den päpstlichen Räten, derer es unzählige gibt: Den päpstliche Rat zur Förderung der Neuevangelisierung, Rat zur Einheit der Christen, Rat für die Gesetzestexte, Rat für den interreligiösen Dialog, für die Kultur, für die Familien, für Gerechtigkeit und Frieden – usw.

Aber alle diese Räte beraten die entsprechenden Entscheidungsträger; sie haben nicht Teil an der Leitungsvollmacht und übernehmen auch keine Verantwortung für die Umsetzung. Natürlich haben die Räte indirekt schon Anteil an der Leitung, indem sie Entscheidungen befürworten, empfehlen oder ablehnen. Kein Papst, Bischof oder Kardinal kann jedoch von seiner Verantwortung abgeben und einen Rat für eine getroffene Entscheidung in Haftung nehmen.

Davon zu unterscheiden ist sehr wohl die Bindung der deutschen Bischöfe zum Beispiel an die Kirchensteuerräte, die eine gewisse Grundage im CIC bzgl. der Finanzverwaltung hat. Ähnliches gilt auch für bestimmte Rechtsvorgänge, an die Bischöfe in Deutschland gebunden sind. Aber das sind operative Bindungen, die der deutschen Einbindung ist den Staat geschuldet sind und betreffen nicht die theologische klare Verpflichtung der Bischöfe, im dreifachen Amt den Gemeinden und darin den Gläubigen zu dienen.

So kann und soll ein Bischof auf die Räte hören, ihre Erwägungen bedenken und in seine Entscheidungen einbeziehen. Von seiner Leitungsvollmacht einen Teil grundsätzlich an ein Gremium zu delegieren hieße dagegen, sich aus der Verantwortung zu stehlen und einen wichtigen bischöflichen Dienst zu verweigern.

Wahrnehmung von Leitung – Verweigerung des Dienstes

Wir kennen das Problem der nicht-wahrgenommenen Leitung aus allen Bereichen der Gesellschaft. Leitung, die übertragen, aber nicht umgesetzt wird, führt fast ausnahmslos zu einem Entscheidungsvakuum, das notwendig durch andere gefüllt wird – aber nicht immer im guten Sinne. Der Verzicht, Leitung wahrzunehmen, mag als selbstlos und demokratisch bemäntelt werden. Wer aber auf notwendige Leitung verzichtet, verweigert letztlich einen Dienst und öffnet den Kräften die Tore, die die stärksten Ellenbogen haben.

Wenn Leitung in einem guten Sinne wahrgenommen wird, dann werden dadurch die konkurrierenden Kräfte eingeordnet. Es wäre keine gute Leitung, auf niemand anderen zu hören; eine umsichtige Leitung wertet aber die diskutierenden Ansichten nicht nach deren Durchsetzungspotential, sondern nach biblischem Maßstab bzw. anhand des Vermögens, der Wahrheit, Einheit und Gerechtigkeit zu dienen.

Das dreifache Amt – Teil drei

Wir haben uns hier vor allem auf das Amt des Bischofs zur Leitung und Lehre der Ortskirche bezogen. Zur klassischen Amtsbeschreibung eines Bischofs (im II. Vatikanischen Konzil erneuert) gehört eine dritte Aufgabe: die der priesterlichen Heiligung. Denn jeder Priester in einem Bistum hat letztlich Anteil am priesterlichen Amt des Bischofs; umgekehrt wird jede Gemeinde letztlich durch den Bischof geleitet, gelehrt und geheiligt. Der Ortspfarrer (und seine priesterlichen Mitarbeiter) sind im besten Sinne Vertreter des Bischofs.

Auch aus diesem Amt kann der Bischof sich nicht befreien und die Verbindung zu seinen Priestern delegieren. Es ist seine ureigene Aufgabe, die Priester seines Bistums zur Einheit mit ihm zu bewegen, diese immer wieder zu erneuern und den Priestern (und Diakonen) Gelegenheit zu geben, sich dieser Einheit neu zu versichern und Hindernisse auszuräumen. Das bedeutet sowohl (eingrenzend), die Priester vor möglichen Abwegen, Missbräuchen und Eskapaden zu bewahren, als auch (stärkend) den Priestern die bischöfliche Solidarität in ihrem pastoralen Mühen zuzusprechen.

Das darf nicht nur einmal im Jahr bei einem «Tag der Seelsorger» oder der «Chrisammesse» geschehen, sondern ist eine ständige und bleibende Aufgabe, die jedem Bischof ein großes Anliegen sein sollte.

Fazit

Paulus hat die Kirche als einen Organismus beschrieben, dessen Glieder zwar unterschiedlich sind, aber jeweils ihren unverzichtbaren Dienst leisten und damit zur Gesundheit des Leibes beitragen.
Wenn aber ausgerechnet ein so zentrales Organ wie das Bischofsamt einen Dienst in wesentlichen Teilen aufgibt oder gar verweigert, bleibt eine schwerwiegende Schädigung des Leibes nicht aus.
Es ist aber nicht damit getan, nur auf dieses eine Organ zu verweisen – und selbst nicht seinen Teil beizusteuern. Stärken wir uns alle in unseren so unterschiedlichen Aufgaben – und damit auch unsere Bischöfe! Gottes Geist ist uns dazu anvertraut.

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