Eine biografische Anmerkung
von Peter van Briel – mit freundlicher Genehmigung
Bis heute kann ich mit dem Etikett «konservativ» nicht viel anfangen. Man unterstellt mir, dass ich aus einer bestimmten Grundhaltung (die vermutlich psychologisch aus diversen Ängsten der Kindheit entstanden sein muss) zu einer verqueren Wahrnehmung der Wirklichkeit komme. Dabei erlebe ich mich genau entgegengesetzt als jemand, der die Wirklichkeit so wahrnimmt, wie sie sich mir zeigt, und deshalb die eher geistlose «moderne Theologie» als eine Wahrnehmungsstörung erlebt.
Das ist übrigens eine der Hauptschwierigkeiten in der Diskussion innerhalb der heutigen Geisteswelt: Nicht die Welt, wie sie ist, ist der Maßstab für richtig und falsch, sondern die psychologische Diagnose, wie offen jemand ist, entscheidet über die Richtigkeit seiner Wahrnehmung. Das ist echt lästig.
Mein Glaube ist durchaus „mittelalterlich“.
Dabei ist es schon richtig, dass ich einen Glauben vertrete, der vor Jahrhunderten einmal aktuell und allgemein verbreitet war: Der Glaube an einen in dieser Welt wirkenden Gott. Leider ist dieser Glaube mit dem Aufkommen der naturwissenschaftlichen Aufklärung in Verruf geraten. Konservativ wäre ich, wenn ich diesem alten Glauben anhange, weil er so alt ist. Konservative finden grundsätzlich das gut oder besser, was alt oder älter ist.
So einer bin ich aber nicht. Ganz und gar nicht. Ich halte den „alten Glauben“ an einen wirksamen Gott gerade deshalb für höchst aktuell, weil die moderne Physik und Mathematik des letzten Jahrhunderts diese Tür zu einer Realität aufgestoßen hat, an die die moderne Theologie selbst schon nicht mehr glaubte. Und nicht deshalb, weil es ein „alter Glaube“ ist.
Die moderne Theologie ist aufgeklärt
Diese Theologie, die noch einen wunderwirkenden Gott, einen leib-seelischen Menschen und eine real-existierende Moral in ihrem Portfolio hatte, fühlte sich über Jahrhunderte von der damals herrschenden Physik vor die Tür gesetzt. Die Theologen vieler Jahrhunderte versuchten ihren Zustand schönzureden und behaupteten irgendwann, dass sie gar nicht vor die Tür gesetzt wurde – sondern dort genau ihr Platz sei. Da der alte Glaube, Gott, Geist und Seele hätten einen legitimen Platz in der Welt offensichtlich überholt war (so behauptete die inzwischen überholte deterministische Physik), hat sich die Theologie sehr eifrig bemüht, diese Überbleibsel des alten Glaubens umzudeuten und schließlich zu entfernen.
Die moderne Physik ist bereits jenseits der Physik der Aufklärung
Mittlerweile hat die Physik sich jedoch weiterentwickelt und den alten Determinismus überwunden. Die Welt ist wieder offen – auch für ein Wirken Gottes, für eine Leib-Seele-Einheit, die Freiheit des Menschen, Sinn, Wunder und Gebetserhörungen. Nur die Theologie (und nebenbei bemerkt, auch große Teile der Biologie) haben das noch nicht bemerkt. Während der alte Glaube an ein friedliches und fruchtbares Miteinander von Natur und Übernatur wieder möglich und hoffähig geworden ist, verharrt die moderne Theologie immer noch in ihrer selbstgewählten Winterstarre und geflissentlichen Leugnung der Übernatur.
Die «moderne Theologie» ist dagegen im doppelten Sinne zurücgeblieben
Deshalb ist eine Theologie, wie sie zum Beispiel der Bewegung „Wir sind Kirche“ – „Kirche von unten“ – „Maria 2.0“ oder dem synodalen Weg zugrunde liegt, zu einer Theologie von gestern geworden (die sie nie sein wollte); sie ist schlicht nicht mehr auf der Höhe Zeit; „zurückgeblieben“ im doppelten Sinne des Wortes.
Das ehemalige mittelalterliche Denken hat sich als realitätsnäher erwiesen – und kompatibel zur modernen Naturwissenschaften. Die „aufgeklärte Theologie“, die sich auf Teufel komm raus von jedem mittelalterlichem Anschein befreien will, verpasst dabei den Anschluss an die Postmoderne.
Wie so oft sind die aufgeklärten Theologen dabei, auf fahrende Züge aufzuspringen, die gerade dabei sind, anzuhalten, um für immer verschrottet zu werden.
Nennt mich, wie Ihr wollt: Aber redet mit mir über den Glauben, nicht über mich
Nein, ich bin nicht konservativ. Ich bin auch nicht progressiv. Ich behaupte überhaupt nicht, einer der beiden Gruppen anzugehören – und auch keiner anderen Gruppe, die die Realität aus einem bestimmten Blickwinkel zu deuten versicht.. Ich stelle den Glauben der katholischen Kirche so verlässlich wie mögich dar – und versuche seine innere Plausibilität herauszuarbeiten. Dass ich dabei ein Weltbild verwende, das dem der modernen Physik entspricht, mag mich zu einem progressiven Theologen zu machen. Dass in diesem Weltbild die Fülle des Glaubens wieder Platz hat, so wie sie vor der Aufklärung noch vorhanden war – mit Wundern, Geistern, Engel, Seelen und Dämonen – das mag mich in den Augen der Theologie des vergangenen Jahrhunderts konservativ erscheinen lassen.
Solange meine Gesprächspartner darüber reden, ob ich nun recht oder links, konservativ oder progressiv veranlagt bin, reden sie über mich – aber nicht über den von mir verkündeten Glauben. Dieser Glaube aber allein ist das, worauf es mir ankommt.
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