Dies ist ein letzter Versuch. Es gilt, denjenigen Heiligen zu retten, der in den Wirbeln der Nachkonzilszeit untergegangen ist: der heilige Josef. Dies ist ein letzter Aufschrei, ihn zu retten.
Merkt eigentlich keiner, was passiert ist? Zuerst wurde, schon über 50 Jahre ist das her, tabula rasa gemacht: Prozessionen, Wallfahrten, Andachten, Reliquien – alles Kitsch! Das brauchen wir nicht mehr. Die Evangelischen haben das auch nicht, und mit ihnen zusammen haben wir doch Jesus. Punkt.
Paul VI. (Papst in Rom) hat noch mal alles, was da war, mobilisiert und Maria zur „Mutter der Kirche“ erklärt. Das war 1964, also schon lange her. Interessiert hat das nicht viele.
So war erst mal das meiste weg. Und trotz aller Tischmessen, Gruppendynamik und Gitarrenklänge: gemütlicher wurde es nicht unbedingt. Darum wurde dannso manches nach und nach wieder rausgeholt: Wallfahrten als Fitnessangebot, 365 Engel für das Jahr als Wohlfühlgarantie, Weihrauch für die Sinne.
Auch Maria wurde wieder interessant. Als Schwester, als Frau im Leben, als Aufständische gegen die Mächtigen. Und erscheinen tut sie auch. Immer wieder. Scharen ström(t)en nach Medjugorje, Fatima, Lourdes und Heede. (Heede? Wer Heede nicht kennt: liegt im Emsland, Nähe Papenburg, an der Ems. Wer Rummel nicht braucht, ist da richtig. Man kann einfach beten und wird normalerweise nicht gestört).
Und, ganz toll für viele: Maria bekommt seit einiger Zeit ein Update und soll nicht länger schweigen. Wie bitte? Seit wann schweigt Maria? Seit wann schweigen die Frauen? Kindergärtnerinnen, Lehrerinnen, Pastorale Mitarbeiterinnen, Liturgieaufseherinnen … von morgens bis abends sprechen Frauen, mischen mit, denken, lenken, sind da, bleiben, und manchmal weinen sie auch, um das Herz der Männer zu erweichen.
Ist das ein Problem? Natürlich nicht! Oder vielleicht doch? Nun: Männer reden nicht viel. Oder sollten es nicht. Männer sollen handeln. Sie sollen etwas tun. Und damit sind wir schon beim heiligen Josef.
Von ihm wissen wir nämlich nicht, ob er überhaupt etwas gesagt hat. Hören konnte er auf jeden Fall (zumindest im Traum, als ihm gesagt wurde, er soll mal ganz fix Kind und Mutter aufsatteln und straight nach Ägypten abhauen.) Aber ein statement von ihm? Fehlanzeige! Josef schweigt. Er sagt einfach nichts. Und das ist – heute – das Problem.
Während also kritische KatholikInnen mehr Rechte für die Frauen fordern – wobei sie doch eigentlich schon alles haben, außer Brot und Wein wandeln zu dürfen – ,schweigen die Männer betreten und ahmen so – gewollt oder ungewollt – dem heiligen Josef nach, dem großen Nichts-Sager.
Das muss jetzt ein Ende haben.
Der heilige Josef hat seine Verlobte nicht im Stich gelassen, als es brenzlig wurde. Er hat Ordnung im Stall geschaffen, als sogar Könige aus dem Morgenland kamen und das Kind keine Ruhe mehr bekam. Er hat für die Flucht vor dem fiesen Herodes die Visa nach Ägypten organisiert. Er hat dann in Nazareth ein schmuckes Häuschen gebaut, auf das die Nachbarn neidisch waren. Zugegeben: Nicht alles davon steht so in der Bibel. Aber man kann es sich so schön vorstellen!
Aber erscheinen tut er nicht, wie Maria, oder? – Wie bitte? Was muss denn noch passieren, damit unser männlicher Heiligenfavorit endlich aus dem Schatten heraustritt? Nein – wie Maria kommt er nun gerade nicht und redet von Buße und Umkehr, von Gebet und auszubuddelnden Quellen. Er kommt – eben als Mann. Auch in unseren Tagen! Ein Beispiel gefällig?
In Santa Fé (USA, von hier weit weg) wurde vor knapp 150 Jahren eine Klosterkirche gebaut. Schön war sie – aber etwas unpraktisch. Es fehlte nämlich der Aufgang zum Hochchor. Niemand hatte daran gedacht. Und das Geld war auch wohl alle.
Was machten die Schwestern? Genau das Richtige: sie beteten eine Novene – neun Tage lang – zum heiligen Josef. Der kannte sich ja mit dem Bauwesen aus. Josef – wenn’s gut werden muss.
Nach neun Tagen kommt ein Typ, der irgendwie interessant aussieht: mit einem Esel und etwas Werkzeug. Er bietet Hilfe an. Ohne Bauaufsicht und Gewerkschaft geht die Sache superflott voran. Die Treppe, die er gebaut hat, steht bis heute. Alle, die sich mit dem Ding beschäftigen, sind ziemlich ratlos. Das Holz ist nicht aus der Gegend. Die Treppe macht zwei 360-Grad-Wendungen und steht frei, ohne Stütze. Sie hat 33 Stufen. Und das Tollste: Als die Schwestern den Handwerker bezahlen wollen, ist er schon weg. Niemand hat ihn je wiedergesehen. –
Nun die Frage aller Fragen: Wer war wohl dieser Handwerker? Irgendein Freak? Oder doch vielleicht Josef selbst? Um darauf eine Antwort zu finden, müsste Josef wohl doch einmal – reden.
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