Auch wenn die offizielle Abstimmung auf dem Synodalen Weg darüber, ob die katholische Kirche überhaupt noch ein Weihepriestertum braucht, vom Vorsitzenden nicht gerne thematisiert wird, steht im verabschiedeten Text der Synodalen zur «Priesterlichen Lebensform» die gleiche Frage nur in noch grundsätzlicherer Form: «Wofür werden welche Dienste und Ämter benötigt und wie sind sie ausgestaltet?» (Grundtext Forum II)

Die Kirche ist ein Leib

Paulus vergleicht die Kirche mit einem Leib (1 Kor 12). Ein guter Mediziner fragt aber nicht danach, ob die Organe im menschlichen Leib seiner Meinung nach benötigt werden oder wie er sie gestalten würde. Ein guter Arzt entdeckt vielmehr das vorhandene Zusammenspiel, fördert es und bleibt offen für unerkannte und überraschende Wirkungsweisen in der Natur.

Organe werden nicht benötigt – sie sind Teil des Lebens

Der Leib der Kirche wird von uns nicht konstruiert, sondern ist uns vorgegeben. Das überaus reiche Zusammenspiel der verschiedenen Organe in der Kirche, die Gaben, Befähigungen, Charismen und Initiativen aller Glieder des Volkes ist von uns nicht gemacht, sondern eine Gabe Gottes. Das Volk Gottes ist letztlich das Wirken des Geistes, eine fortgesetzte Inkarnation durch die Zeit hindurch. Wir können nur immer wieder staunen über den Ideenreichtum, der sich im Laufe der Geschichte des Volkes Gottes in allen Gliedern der Kirche offenbart.

Wir entwerfen die Organe nicht – wir entdecken sie

Es wäre vermessen, Dienste und Ämter wie an einem Reißbrett für Robotik nach ihrer Funktion einzurichten oder zu entsorgen. Selbst in der Medizin werden immer wieder neue Zusammenhänge erkannt und essentielle Wirkweisen bislang unterschätzter Bestandteile entdeckt.

Sowohl in der Entstehung von Diensten als auch in der der Ausgestaltung der Ämter findet sich in der Geschichte der Kirche eine überraschend große Bandbreite von Reaktionen auf Veränderungen in der Gesellschaft. Zumeist besteht die Reaktion aber nicht in einer Anpassung an die Gesellschaft, sondern in einem Wachstum gerade dessen, woran es der jeweiligen Kultur mangelt.

Beispiele für die Lebendigkeit der Kirche

In Zeiten der Übersättigung der Gesellschaft entstand in der Kirche die Armutsbewegung; in Zeiten der Welteroberung zur Ausbeutung die missionarische Bewegung, die die Personenrechte aller Menschen zu bewahren suchte; in Zeiten der Industrialisierung entstand die christliche Arbeiterbewegung; als Gegenpol zur Ausbeutung der Entwicklungsländer fanden sich Seelsorger in den Slums, den Bewohnern von Müllkippen und den Unterdrückten ein.

Ämter reinigen – nicht designen

Als Kirche haben wir die Aufgabe, die Dienste zu stärken, die in der Kirche entstehen, um die Gotteskindschaft aller Menschen zu bewahren. Es ist die Aufgabe des ganzen Volkes Gottes, die sakramentalen Ämter von allem Ballast frei zu halten, der sie daran hindert, ganz Dienstamt zu sein. Ein Dienst, der ganz auf die lebendige Beziehung zu Christus ausgerichtet ist.

Alles maschinelle Denken, jede Frage nach Effektivität von Diensten und funktionalem Design von Ämtern ist der Kirche fremd.

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