Was die wichtigste Voraussetzung zur Beichte bedeutet
Reue ist so etwas wie »Entsetzen«. Reue erkennt, was Du angerichtet hast und fühlt mit dem Geschädigten mit. Reue ist somit immer eine schmerzhafte Reaktion – kein schönes Gefühl; aber sehr heilsam und für jede Bitte um Entschuldigung und vor allem für die Beichte unverzichtbar.
Die Kirche unterscheidet zwei verschiedene Formen von Reue: Die unvollkommene Reue und die vollkommene Reue.
Die unvollkommene Reue
Wenn Reue meint, dass man erkennt, was man getan hat und mit dem Geschädigten mitfühlt – dann ist die unvollkommene Reue eben nur ein bruchstückhaftes Erkennen und ein halbherziges Mitfühlen. Aber besser begreift man die Unvollkommenheit, wenn ich ein paar Beispiele bringe:
»Oh Gott – jetzt habe ich meine Freundin gerade für meine letzte Lüge um Entschuldigung gebeten – und jetzt habe ich sie schon wieder belogen. Ich habe es aber satt, mich ständig zu entschuldigen!« (Vollkommen wäre es, wenn Du nicht daran denkst, wie lästig das für Dich ist – sondern wie gemein dass Deiner Freundin gegenüber ist!)
»Oh nein – ich bin schon wieder mit 80 km/h in der geschlossenen Ortschaft geblitzt worden! Langsam wird mir das aber zu teuer!« (Vollkommen wäre die Reue, wenn Du erkennst, wie gemeingefährlich es ist, mit 80 durch ein Wohngebiet zu fahren – ganz unabhängig davon, ob Du geblitzt wirst oder nicht.)
»Ich verstehe nicht, warum Du Dich so aufregst. Aber ich will nicht, dass Du Dich verletzt fühlst!« (Vollkommen wäre es, wenn Du nicht nur das Gefühl von Verletzung vermeiden willst, sondern den Grund für dieses Gefühl – Dein Fehlverhalten.)
»Oh, verdammt! Jetzt habe ich gerade gebeichtet, und schon wieder geflucht! Dabei habe ich mich gerade so gut gefühlt!« (Vollkommen wäre Deine Reue, wenn Du nicht danach fragst, wie Du Dich fühlst, sondern wie Gott von Dir behandelt wird!)
»Ach, das tut mir aber leid, dass ich Dich so enttäuscht habe. Ich habe nicht gewusst, dass …« (Vollkommen wäre die Reue, wenn Du Dich auch fragst, ob Du es hättest wissen können. Vielleicht liegt Deine Schuld darin, nicht genug gefragt – mitgedacht – mitgefühlt zu haben.)
Die Kirche hat immer daran festgehalten, dass für die Vergebung der Sünden in der Beichte die unvollkommene Reue reicht. Damit ist sie großzügiger als wir es meistens sind – wir vergeben nur ungern, wenn wir nicht Anzeichen einer wirklichen Reue sehen. Aber – wie kommt die Kirche dazu? Geht sie nicht etwas zu lasch mit der Gnade Gottes um?
Nein, die Kirche steht damit fest auf biblischem Grund. Im Gleichnis vom »Verlorenen Sohn« (besser: vom »Barmherzigen Vater«) heißt es:
(Lukas 15, 14-20): Als er alles durchgebracht hatte, kam eine große Hungersnot über das Land, und es ging ihm sehr schlecht. Da ging er zu einem Bürger des Landes und drängte sich ihm auf; der schickte ihn aufs Feld zum Schweinehüten. Er hätte gern seinen Hunger mit den Futterschoten gestillt, die die Schweine fraßen; aber niemand gab ihm davon.
Da ging er in sich und sagte: Wie viele Tagelöhner meines Vaters haben mehr als genug zu essen, und ich komme hier vor Hunger um. Ich will aufbrechen und zu meinem Vater gehen und zu ihm sagen: Vater, ich habe mich gegen den Himmel und gegen dich versündigt. Ich bin nicht mehr wert, dein Sohn zu sein; mach mich zu einem deiner Tagelöhner.
Dann brach er auf und ging zu seinem Vater. Der Vater sah ihn schon von weitem kommen, und er hatte Mitleid mit ihm. Er lief dem Sohn entgegen, fiel ihm um den Hals und küsste ihn.
Der Sohn bereut nicht, dass er das Geld des Vaters verschwendet hat, ihm Sorgen bereitet und sich ungerecht verhalten hat – er hat lediglich Hunger. Eine ziemlich unvollkommene Reue – er bereut im Grund nur den schlechten Ausgang seiner Eskapade. Aber für den barmherzigen Vater reicht es – er fällt ihm, noch eher er ein Wort der Reue äußern kann, um den Hals und küsst ihn (der Kuss ist ein Zeichen der wiederhergestellten Beziehung).
Die vollkommene Reue
Die vollkommene Reue dagegen erkennt und fühlt mit – ohne Vorbehalte. Wirklich vollkommen können wir nicht erkennen (das kann nur Gott), deshalb sprechen auch einige Geistliche Autoren von der »Liebesreue« (»lieben« und »erkennen« ist im hebräischen das gleiche Wort – und eigentlich auch der gleiche Sachverhalt). Ich bereue etwas, nicht aus Angst vor Strafe oder negative Folgen für mich – sondern aus Liebe zu dem, den ich geschädigt habe.
Warum diese Unterscheidung?
Da jede Sünde eine Beziehungsstörung ist – beziehungsweise der Tod einer Beziehung – ist die Liebesreue bereits die Wiederherstellung der Beziehung. Wer liebt – vorbehaltlos und ohne eigennützige Absichten – der hat die schlimmste Folge der Sünde bereits überwunden. Deshalb sprechen die geistlichen Autoren auch davon, dass die vollkommene Reue (also die Liebesreue) jede Sünde Gott gegenüber augenblicklich vergibt.
Allerdings sollten wir mit der Liebesreue auch die Absicht verbinden, baldmöglichst beichten zu gehen. Zum einen, weil wir uns nie so ganz sicher sein können, ob unsere Reue wirklich vollkommen ist – und zum anderen aus Liebe zu Christus, der uns dieses Sakrament geschenkt hat. Deshalb spricht die Kirche auch davon, dass die Liebesreue nur dann alle Sünden augenblicklich vergibt (incl. der Todsünden), wenn sie mit der festen Absicht verbunden ist, das Sakrament der Beichte zu empfangen.
Die unvollkommene Reue dagegen führt erst dann zu einer wirklichen Vergebung durch Gott, wenn sie von Gott – gnädigerweise – angenommen wird. Gott schenkt uns diese Gnade gerne; aber er möchte darum gebeten werden.
Das ist wichtig! Darum wiederhole ich mich gerne: Für die Beichte reicht auch die unvollkommene Reue aus. Das macht die Beichte so genial. Während wir im Gebet oft Grübeln, ob die Reue wirklich ausreicht oder vielleicht nur eingebildet ist, ist eine Beichte auch dann gültig (und wirksam!), wenn die Reue nur im Ansatz vorhanden ist. Das nennt man »Gnade«!
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