Ich werde manchmal gefragt, warum es in der katholischen Kirche nicht nur die zwei Sakramente Taufe und Abendmahl gibt (wie in vielen evangelischen Kirchen), sondern sogar sieben Sakramente. Nun – die erste Antwort ist natürlich: Wir haben die sieben Sakramente (inklusive der Ehe), weil sie von Christus eingesetzt worden sind und die Kirche seit biblischen Zeiten diese Tradition bewahrt hat. Aber wenn wir die Bibel und die Tradition nicht nur gehorsam annehmen wollen, sondern auch auf deren Sinn hin befragen (was jeder tun sollte!), stellt sich auf den zweiten Blick immer noch die Frage: Es gibt viel menschliches Tun – worin liegt der Sinn, ausgerechnet die Verbindung von Mann und Frau zum Sakrament zu erheben?

Die Antwort auf diese Frage ergibt sich allerdings erst, wenn wir die Frage umkehren. Denn menschliche Zeichen werden nicht deshalb zu Sakramenten erhoben (von Gott oder von der Kirche, wie auch immer), weil sie sich besonders ausgezeichnet haben und von „archetypischer Bedeutung“ sind. Vielmehr sind Sakramente Zeichen, in den sich Gott zu uns herabsteigt, um uns in dieser Welt zur Seite zu stehen. Die Frage nach dem Sinn eines Sakramentes sollte also lauten: Welche menschliche Realität kommt am ehesten dem göttlichen Wesen so nahe, dass es zum Abbild Gottes taugt und würdig ist, eine Verbindung von göttlichem und menschlichem Tun zu werden?

Der Bund Gottes – Vorbild des Ehebundes

In Amerika ist es üblich, zur Eheschließung sogenannte „Eheversprechen“ in ein kleines Büchlein zu schreiben und es dem Ehepartner feierlich zu überreichen. Darin stehen dann Dinge wie „Ich werde Dich niemals an Deiner Berufsausübung hindern“, „Ich werde niemals Deinen Geburtstag vergessen“, „Ich werde Dir zuliebe nicht mehr Alkohol trinken, als ich vertrage“, „Ich werde niemals schlecht über Dich reden“ – und so weiter.

Das ist der tiefere Sinn der Zehn Gebote: Sie sind Eheversprechen. Korrekt übersetzt müssten sie also nicht heißen: „Du sollst…“, auch nicht „Du wirst…“, sondern „Weil ich Dich, Gott liebe, werde ich niemals lügen, niemals stehlen und die Ehe heilig halten; ich werde keinen anderen Gott neben Dir haben, denn ich liebe Dich doch; ich werde Deinen Namen ehren und Deinen Wochentag….“

Der Gedanke, dass der Bundes-Schluss am Sinai dem Ehebund gleicht, ist keine neue Erkenntnis. Für die Juden war die Form des Bundesschlusses immer schon eindeutig als Ehevertrag erkennbar; nur für uns Christen ist diese Erkenntnis mit der Zeit etwas in den Hintergrund geraten.

Vor allem die letzten beiden Gebote („Du sollst nicht begehren…“ – oder, besser übersetzt: „Ich werde nicht begehren… „) ergeben nur einen Sinn, wenn die Gebote insgesamt als Eheversprechen aufgefasst werden. Einem Polizisten-Gott ist es egal, ob wir uns danach sehnen, über die rote Ampel zu fahren – Hauptsache, wir tun es nicht. In einem Eheversprechen ist aber „Weil ich Dich liebe, werde ich auch meine Gedanken hüten und nichts von dem begehren, was Dich traurig macht….“ ein angemessener Vorsatz.

Nach dem ersten Bundesschluss am Sinai (mit der Übergabe der Zehn Gebote als Eheversprechen) hat es in Jesus Christus einen zweiten Bund gegeben – und bei diesem ist der Vergleich zur Ehe noch viel intensiver hervorgetreten. Jesus spricht immer wieder vom „Hochzeitsmahl“, vom Himmel als „der Hochzeit“, von sich selbst als dem „Bräutigam“ und dem Volk Israel bzw. der Kirche als „die Braut“. Auch durch die Briefe der Apostel und der gesamten christlichen Literatur zieht sich dieser Gedanke: Gott wirbt um uns in bräutlicher Liebe; und unser Heil zu finden heißt soviel, wie Hochzeit-feiern mit Gott.

Die Ehe

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Schlagwörter: , Last modified: 25. Januar 2023