Neue Wortschöpfung wie «die Heilige Geistin» für die dritte Person der Dreifaltigkeit – bisher als «Heiliger Geist» bekannt – begegnen mittlerweile nicht nur in feministischen Texten. Auch die kfd (die «Katholischen Frauengemeinschaft Deutschland») bemüht sich um eine weibliche Anrede des Geistes und verwendet in aller Regelmäßigkeit die Bezeichnung «Heilige Geistkraft». So wird der «Heilige Geist», die dritte Person der Dreifaltigkeit, zumindest grammatikalisch ein weibliches Geschlecht zugeschrieben.

In den Gebetsvorlagen zum Weltgebetstag der Frauen beschränkt sich die Feminisierung Gottes nicht nur auf den Geist: «Im Namen Gottes, der Schöpferin, Jesu Christi, unseres Bruder und der Heiligen Geistkraft. Amen.» heißt es dort.

Aber hat das nicht auch seine Berechtigung? Ist nicht das hebräische Wort für Geist ein weiblicher Begriff – nämlich ruach?

Ist der Heilige Geist die weibliche Seite Gottes?

Gott ist weder männlich noch weiblich

Natürlich ist weder Gott (in seiner Dreifaltigkeit), noch eine der drei Personen der Trinität (der Vater, der Sohn und der Heilige Geist) im irdischen Sinn männlich. Gott ist der Vollkommene und Allumfassende. Deshalb übersteigt die christliche Vorstellung von Gott selbstverständlich jeder eingrenzenden Zuschreibung, so auch die Reduzierung auf ein Geschlecht.

  • In der Schöpfungsgeschichte heißt es deshalb auch bei der Erschaffung des Menschen: «Gott erschuf den Menschen als sein Bild, als Bild Gottes erschuf er ihn. Männlich und weiblich erschuf er sie.» (Gen 1,27).
  • In der Lutherbibel wird der Vers anders übersetzt: «Und Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn; und schuf sie als Mann und Frau.»

Darin liegt nicht nur eine bedeutende Aussage über den Menschen: Sowohl Mann als auch Frau dürfen die Ebenbildlichkeit Gottes für sich in Anspruch nehmen. Es wird auch eine wichtige Aussage über Gott gemacht: Gott ist sowohl Vorbild von Mann und Frau – trotz deren geschlechtlicher Unterschiedlichkeit.

Keine Verkleinerung der göttlichen Personen

Das gilt für Gott in seiner dreifaltigen Existenz. Das gilt aber auch für jede einzelne göttliche Person, denn jeder Person kommt die gleiche ganze Fülle des Gott-seins zu. Den Heiligen Geist als weiblich zu bezeichnen (oder als «weibliche Seite Gottes») heißt, ihn zu reduzieren. Das gilt grundsätzlich: Die Behauptung, Gottvater wäre ein Mann (mit einem weißen Bart), ist ebenso eine Verkleinerung seines Wesens wie die Vermutung, der Heilige Geist sei weiblich.

Wer sich also zurecht gegen die Gleichsetzung Gottvater=Mann ausspricht, kann nicht im gleichen Atemzug von «Gott, der Schöpferin» und dem Heiligen Geist als «weiblicher Teil Gottes» sprechen. Auch die Aufteilung der Geschlechter (Gottvater=männlich; Heilige Geistkraft=weiblich) zur Wiederherstellung der Geschlechtergerechtigkeit in Gott ist keine Lösung. Denn so wird sowohl Gottvater als auch der Geist auf unser Geschlechterdenken verkleinert – und letztlich ihrer göttlichen Vollkommenheit beraubt.

Vom Vater im Vaterunser

Vom inneren Wesen Gottes, dem eine Festlegung auf ein Geschlecht der Göttlichkeit widerspricht, ist allerdings seine Beziehung zu uns Menschen zu unterscheiden. Wenn sich Gott also selbst als Vater offenbart – oder von seinem Sohn als solcher angesprochen und auch uns diese Anrede (im Vaterunser) empfohlen wird – dann ist das keine theologische (genauer: ontologische) Selbstbeschreibung. Sondern Gott offenbart darin seine Beziehung zu seinem Volk, zu seiner Kirche und zu uns. Der Grund für die männliche Anrede Gottes liegt also nicht in seinem Wesen, sondern in der Art, wie er zu uns in Beziehung tritt.

Jesus hat seine Beziehung zu uns als die des «Bräutigams zu seiner Braut»
beschrieben – und nicht etwa umgekehrt.

«Aber Jesus war doch ein Mann!»

Das gleiche gilt übrigens auch für Jesus, der in seiner Menschwerdung ein Mann wurde. Würden wir die Menschwerdung Jesu nur für sich betrachten (losgelöst von jeder Absicht, die Gott dabei hatte – falls das überhaupt geht), wäre das Geschlecht Jesus vielleicht vernachlässigbar. Aber Gott ist Mensch geworden, um mit uns in eine bestimmte Beziehung zu treten. Jesus hat selbst diese Beziehung immer wieder als die des «Bräutigams zu seiner Braut» beschrieben – und nicht etwa umgekehrt. Dieser Beziehungsaspekt ist nicht von seiner Menschwerdung zu trennen, weshalb sein Mannsein und sein Sohnsein nicht nur eine zufällig Zutat seiner Menschwerdung ist.

Dennoch halten wir daran fest, dass Gott (der Vater, der Sohn und der Geist) alle positiven Eigenschaften umfasst – ganz gleich, ob wir sie eher als männlich oder weiblich ansehen.

… und der heilige Geist?

Gott vereint alle guten Eigenschaften des Menschen in sich, auch die mütterlichen oder eher weiblichen Eigenschaften. Das wusste schon der Prophet Hosea, der Gott sehr treffend mit einer Frau verglich, die ihr Kind an die Wangen schmiegt:

  • Hos 11, 3.4: «Ich war es, der Efraim gehen lehrte, ich nahm ihn auf meine Arme. Sie aber haben nicht erkannt, dass ich sie heilen wollte. Mit menschlichen Fesseln zog ich sie an mich, mit den Ketten der Liebe. Ich war da für sie wie die, die den Säugling an ihre Wangen heben. Ich neigte mich ihm zu und gab ihm zu essen.»
  • Jes 49,14-16: «Doch Zion sagt: Der Herr hat mich verlassen, Gott hat mich vergessen. Kann denn eine Frau ihr Kindlein vergessen, eine Mutter ihren leiblichen Sohn? Und selbst wenn sie ihn vergessen würde: ich vergesse dich nicht. Sieh her: Ich habe dich eingezeichnet in meine Hände, / deine Mauern habe ich immer vor Augen.»
  • Klaus Berger schreibt: «So besteht die Besonderheit des biblischen Vaters nicht nur darin, dass er ein Vater im Himmel ist, sondern auch darin, dass er eine fast mütterliche Zärtlichkeit aufbringt.»

Das gilt für Gott – also für den Vater genauso, wie für den Sohn und den Heiligen Geist. Insofern umfasst der Heilige Geist genauso menschlich-weibliche Eigenschaften wie menschlich-männliche. Ja, man kann sogar sagen, dass der Heilige Geist auch in der Art und Weise, wie er zu uns in Beziehung tritt, stark an eine Mutter erinnert. Von daher ist eine Darstellung des Geistes als Frau durchaus möglich;  so im modernen Roman „Die Hütte“ als auch in einem 800 Jahre altem Fresko der St. Jakobskirche in Urschalling. Dort wird die Dreifaltigkeit durch zwei Männer und eine Frau dargestellt.

Wenn Jesus sich selbst aber als der Sohn und seinen Ursprung als Abba, Vater versteht, hat auch die grammatikalisch-männliche Bezeichnung für den Heiligen Geist seine Berechtigung: denn Gott nimmt in seiner Dreifaltigkeit auf eine Art eine Beziehung zu uns Menschen auf, die auch für alle drei göttlichen Personen gilt und so die Begriffe Vater, Bräutigam und Beistand nahelegt.

Großer Kollateralschaden: Kraft? Person!

Theologisch noch viel schwerwiegender ist noch eine weitere Reduktion: Aus der Person des Heiligen Geistes wird eine unpersönliche Kraft. Zu Personen kann man beten. Begegnung auf Augenhöhe («von Person zu Person») ist mit einer gestaltlosen Kraft nicht möglich. («Möge die Macht mit Dir sein!» als wiederkehrender Spruch bei «Star Wars» führt nicht zum Gespräch mit dieser Kraft, sondern nur zu einem Gebrauch der unsichtbaren Macht).
Ich halte denen , die den Heiligen Geist mit «heiliger Geistkraft» anreden, zwar zugute, dass es ihnen vermutlich um die weibliche Anrede («die» Geistkraft) ging. Deshalb bin ich hier auch nicht weiter auf diesen theologischen Rückschritt eingegangen. Aber das mindert nicht den Verlust, den der Austausch von Person durch Kraft mit sich bringt: Einem zweifelhaften Gewinn der weiblichen Seite Gottes wird eines der wichtigsten Erkenntnisse des Christentum geopfert: Gott ist ein einer in drei Personen – nicht in drei Prinzipien oder Kräften.

Fazit

  • Eine (wesensmäßige) Gleichsetzung des Heiligen Geistes als «der weibliche Anteil Gottes» hieße eine Minderung seiner Göttlichkeit. Nicht, weil weiblich etwa weniger wäre als männlich, sondern weil jede Reduzierung Gottes auf ein Geschlecht eine Minderung ist. Das gilt für jede der drei göttlichen Personen.

  • Es ist zwar durchaus möglich, die Beziehung, die der Heilige Geist zu den Menschen hat, auch mit weiblichen Begriffen zu beschreiben. Jesus, der uns den Vater und den Geist offenbart, benutzt und empfiehlt (!) aber eindeutig männliche Bezeichnungen für die anderen beiden göttlichen Personen (Vater – Beistand). Damit will er aber nicht den Vater und den Beistand auf ein Geschlecht reduzieren, sondern die grundlegende Beziehung Gottes zu uns Menschen verdeutlichen – genauso, wie er in seiner Menschwerdung ein Mann wurde.

Artikel zur «Sexualmoral»

Artikel zur Frage nach Gott

Die neuesten Artikel zum Thema «Glauben»

Unsere neuesten Artikel

Schlagwörter: , , , , Last modified: 30. März 2025