Die Einheit von Gottesdienst und Seelsorge
In vielen Gemeinden rumort es, weil die Ansichten darüber, was ein Priester in erster Linie zu sein hat, auseinandergehen: Soll der Priester zunächst für die Gottesdienste, Predigten und Sakramentenspendung da sein? Oder ist eine Hauptaufgabe nicht die Seelsorge – also das helfende Mitleben in der Gemeinde und das Bemühen um Benachteiligte und Ausgegrenzte?
Die Fragestellung verwirrt aber auch viele Priester, die mit einer Schwerpunktsetzung in die eine oder andere Richtung überfordert sind. Theologen sind da auch oft nicht hilfreich – haben sie darauf doch auch oft nur eine tendenzielle Antwort in die eine oder andere Richtung.
Ein kurzer historischer Rückblick
Keine Sorge – um diese Frage zu beantworten, müssen wir nicht die ganze Geschichte der Priester quer durch alle Zeiten und Religionen bemühen. Ein kurzer Blick in andere Religionen ist dabei schon sehr aufschlussreich.
Denn ist fast allen vorchristlichen Religionen waren Priester allein für den rechten Kult in einem bestimmten Tempel zuständig. Dabei ist „Kult“ nicht das gleiche wie bei uns der „Gottesdienst“. Denn Volk und Laien waren davon zumeist ausgeschlossen. Einen regelrechten „Gemeindegottesdienst“ gab es weder im alten Ägypten, Griechenland oder Rom noch sonstwo in im Altertum. Ganz im Gegenteil: Dem gemeinen Volk war der Zutritt zum Tempel und dem Heiligen verboten. Der Priester war also kein Seelsorger im heutigen Sinne, sondern der Diener einer Gottheit oder in einem Heiligtum.
Im Judentum war das im Tempel und in vielen untergeordneten Heiligtümern nicht anders.
Allerdings gab es schon die Synagoge mit ihrem Rabbi – aber das waren eben keine Priester.
Die Revolution
Die Revolution kam erst mit dem Christentum und mit einem entscheidenden Gedanken: „Wisst Ihr nicht, dass Euer Leib Tempel des Heiligen Geistes ist?“ (1 Kor 6,19) Erst mit dieser einzigartigen Verbindung von Gott und Mensch hört jeder Gegensatz von Tempelkult und Seelsorge auf. Priesterdienst ist nun identisch mit Seelsorge. Jeder Gottesdienst, in dem der Priester die heiligen Geheimnisse feiert, ist Seelsorge und damit „helfendes Miteinander“ von Priester, Gott und Mensch. Und jede Seelsorge und Pastoral hat ihre Quelle und ihren Höhepunkt in der Besiegelung durch die Sakramente.
Die Einheit von Kult und Gemeindeleben wurde zuerst in Jesus Christus grundgelegt. Als er – Gott von Anfang an – Mensch wurde, war der Dienst am neugeborenen Kind Bethlehem zugleich auch Anbetung und Kult. Und diese Einheit setzt sich fort in der Verbindung von Heiligem Geist mit jedem Getauften (und Gefirmten).
Bleibende Spannung
Natürlich bleibt eine Spannung, denn wir sind endliche Menschen in Zeit und Raum. Wir können nicht alles zugleich und müssen uns immer wieder die richtige Balance von Liturgie und Nächstenliebe finden. Aber das gilt ja auch für die Nächstenliebe an sich: Wir können nicht allen Bedürftigen zugleich helfen – und auch nicht immer zugleich den seelischen Bedürfnissen wie den leiblichen Notwendigkeiten. Aber diese Spannung ergibt sich aus unserer Endlichkeit – nicht aus dem Gegensatz von Kult und Liebe.
Bedenkt also, liebe Schwestern und Brüder, dass Euer Leib Tempel des Heiligen Geistes ist! Dann ist ein Dienst am Leib zugleich Gottesdienst. Dann ist auch ein Gottesdienst zugleich wahre Seelsorge.
Ganz interessant ist auch die weitverbreitete Fehldeutung der Bibelstelle vom Barmherzigen Samariter, die hier entschlüsselt wird: Verdrehte Auslegung: „Der barmherzige Samariter“ richtig gedeutet
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