Warum es die Beichte immer noch gibt (obwohl viele den Zugang dazu verloren haben) und warum ich nicht nur hier dafür werbe, verseht man am besten, wenn wir uns vor Augen halten, worum es in unserem Glauben und dem ganzen Reigen der Sakramente überhaupt geht:
- Jesus stirbt am Kreuz und zahlt dadurch den Preis, den wir eigentlich entrichten müssten: Wir werden von der Verpflichtung (=Schuld), unsere Sünden wiedergutzumachen, »erlöst«. (Dazu kannst Du ausführlich in der Katechese zur Erlösung lesen).
- Durch die Taufe wird nun das, was Christus am Kreuz erworben hat, vom Taufbewerber angenommen. Während das Kreuzesopfer Jesu ein Angebot der Erlösung an jeden einzelnen Menschen ist, werden wir wirklich erst wie Christus – wir sterben mit ihm und gewinnen ein neues Leben – durch die Taufe.
- Somit ist die Taufe das einzige, wirklich »heiligmachende« Sakrament. Was Jesus am Kreuz getan hat, nehmen wir an, indem wir uns taufen lassen. (Ihr könnt, wenn ihr möchtet, darüber mehr in der Katechese zur Taufe und Firmung nachlesen).
- Aber dieses neue Leben (manche sagen: Gnadenleben) braucht, wie auch unser irdisches Leben, Nahrung. Das in der Taufe geschenkte Leben wird erhalten durch die Eucharistie – dort werden wir immer wieder durch den Empfang des Leibes Christi selbst zu Leib Christi. Das ist nichts anderes als Sündenvergebung und damit Kern und Zentrum unseres Glaubens.
- Dieses neugewonnene Leben der Taufe ist also gefährdet: Auf der einen Seite durch Mangelernährung (also durch seltenen oder unwirklichen Empfang der Eucharistie), auf der anderen Seite aber auch durch bewusste Abkehr von Gott und Rückkehr zu einem gottlosen Leben – so, als wenn es die Taufe nicht gegeben hätte.
- Die liebevolle Beziehung, die Gott in der Taufe zu uns geknüpft hat, wird verletzt oder aufgegeben. Dabei ist es nicht Gott, der einen Rückzieher macht – sondern der Mensch. Er verkrümmt sich wieder in sich selbst. Um sich wieder ganz auf Gott einzulassen, bedarf er der erneuten Hilfe Gottes – und Gott ist so großzügig, uns diese Hilfe in der Form eines Sakramentes zu gewähren: die Beichte.
Die Beichte ist somit im eigentlichen Sinne eine »Tauferneuerung« – oder, wie Papst Benedikt es formulierte, wie eine »Zweite Taufe«.
Formen der Vergebung der Sünden
Wer sich in einer Beziehung – zum Beispiel einer Liebesbeziehung – versündigt, d.h. wer diese Beziehung stört, kann auf vielerlei Arten wieder das Band der Liebe stärken: Er kann reden – oder Rosen kaufen, einen Liebesdienst verrichten (indem er zum Beispiel die Spülmaschine einräumt oder das Auto wäscht), oder der Geliebten zuliebe auf etwas verzichtet – zum Beispiel auf das Fußballendspiel mit den Kollegen und stattdessen mit zum Geburtstag der Schwiegermutter fährt.
Ähnliches gilt auch für Gott: Wenn ich mich Gott gegenüber leichtsinnig, gedankenlos oder absichtlich lieblos und desinteressiert verhalten habe, kann ich beten, Taten der Liebe verrichten, Opfer bringen, um Verzeihung bitten, Fasten und Verzichten oder andächtig und demütig die Kommunion empfangen.
Wenn ich mich meinem Ehepartner gegenüber allerdings so schwer versündigt habe, dass ich das, was ich getan habe, gar nicht wieder gut machen kann, bin ich auf die großherzige Verzeihung meines Geliebten angewiesen. Wer zum Beispiel fremdgegangen ist, kann das durch demütiges Schuheputzen nicht wettmachen. Da heißt es schlicht: »Rien ne vas plus« – Nix geht mehr. Es bleibt nur noch, um Verzeihung zu bitten – und demütig darauf zu warten, dass mir diese Verzeihung aus reiner Großherzigkeit gewährt wird.
Warum Beichten? Geht’s nicht auch anders?
Immer dann, wenn Gott mir etwas gewährt, was ich nicht aus mir selber heraus empfange, sondern von IHM – und das zudem notwendig für mein Heil ist – hat Gott dafür die Form des Sakramentes gewählt. Ein Priester leiht Gott die Stimme, um mir auf meine Bitte um Verzeihung zu antworten. Gott hält das für die angemessene Form – die Kirche stimmt dem zu und Du wirst vermutlich, wenn Du diese Katechese gelesen hast, ähnlich denken.
Natürlich können wir auch in der Beichte demütig um Verzeihung bitten, wenn wir uns keiner schweren Beziehungsstörung bewusst sind. Ein sehr löblicher Vorsatz: Sowohl für meine Beziehung zu Gott als auch für jede Beziehung zu den Menschen. Das werden wir noch weiter ausführen.
Aber notwendig, ja: unverzichtbar für mein Leben mit Gott, ist die Beichte vor allem dann, wenn ich sehnsüchtig darauf hoffe, dass Gott mir verzeiht, was ich selbst nicht gutmachen kann.
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