Voraussetzungen für die Taufe
In Mk 16, 16 heißt es: «Wer glaubt und sich taufen lässt, wird gerettet; wer aber nicht glaubt, wird verdammt werden.» Damit ist bereits die einzige, aber unverzichtbare Voraussetzung zur Taufe genannt: Der Glaube.
Man kann es nicht oft genug betonen: Voraussetzung zur Taufe ist weder eine geordnete Ehe, noch ein sozialer Status, kein polizeiliches Führungszeugnis ohne Eintrag oder ein Gutachten über die psychische Gesundheit – und auch kein abgeschlossenes Studium der Theologie!
Immer wieder werde ich gefragt, ob sich denn jemand taufen lassen könne, der die eine oder andere Glaubenswahrheit noch nicht verstehe.
Notwendig ist sicherlich nicht das vollständige Verstehen unseres Glaubens, und auch nicht das emotionale Nachvollziehen aller Frömmigkeitsformen. Solange die Sehnsucht besteht, in das Leben der Kirche vollständig hineinzuwachsen, darf es sogar momentane Vorbehalte geben.
Allein die Bereitschaft des Täuflings, den Glauben der Kirche anzunehmen, ist Voraussetzung. So wird auch in der Taufvorbereitung Erwachsener seit Beginn der Kirche feierlich das Glaubensbekenntnis überreicht – und nicht abgefragt! (Und so ist auch die Frage nach dem Glauben der Eltern bei der Taufe unverzichtbarer Bestandteil).
Die Frage der Kindertaufe
Eine heikle Frage im Dialog mit einigen evangelischen Kirchen (den Freikirchen und den Baptisten z.B.) und auch mit einigen Sekten ist die Frage, ob es erlaubt oder zumindest sinnvoll ist, Kinder im Säuglingsalter zu taufen.
Biblisch ist der Befund nicht sicher: In der Apostelgeschichte im 16. Kapitel heißt es vom Gefängniswärter, der Paulus bewachte: «Er nahm sie [die Apostel] in jener Nachtstunde bei sich auf, wusch ihre Striemen und ließ sich sogleich mit allen seinen Angehörigen taufen. Dann führte er sie in seine Wohnung hinauf, ließ ihnen den Tisch decken und war mit seinem ganzen Haus voll Freude, weil er zum Glauben an Gott gekommen war.» Offensichtlich sind hier auch die Kinder des Hauses mitgetauft worden.
Ebenfalls ist der Taufbefehl in Mt 28,19 nicht gegen die Kindertaufe zu werten: «Darum geht zu allen Völkern, und macht alle Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe.»
Zwar wird hier von taufen und lehren in einem Atemzug gesprochen, daraus ist aber nicht zu folgern, dass man erst im lernfähigen Alter getauft werden dürfte. Immerhin wird erst getauft – und dann gelehrt; eine Kindertaufe hält sich zwangsläufig an diese Reihenfolge.
In der Tradition der Kirche – also im gelebten Glauben der Kirche von Anfang an – ist der Befund eindeutig: Zwar wurden in den frühen Zeit der Kirche genauso wie in den Missionsgebieten überwiegend Erwachsene getauft, die sich zum Glauben der Kirche bekannten. Mit ihnen sind aber auch ihre Kinder getauft worden. Glaube war eine soziale Größe! In der jüngsten Zeit ist der Akzent zwar sehr auf die individuelle Entscheidung verschoben worden, dass die Säuglingstaufe in Frage gestellt wurde. Die Kirche jedoch hat immer an einer Argumentation festgehalten, die heute wieder mehr Akzeptanz findet: Der Glaube ist kein Gedankengebäude, so dass sich die irgendwann mündigen Kinder wie im Katalog auswählen können (einen Glauben kann man niemals durch Bücher und Infostände kennenlernen), sondern der Glaube ist eine Lebensweise (so, wie jede Beziehung nur erfahrbar ist, wenn sie gelebt wird). Nur Kinder, die einen Glauben durch die Eltern erlebt und ihn auch selbst gelebt haben, sind frei, sich später für oder gegen den Glauben zu entscheiden.
Häufig bleiben die älteren Kindern dem Glauben ihrer Eltern treu. Daraus zu schließen, dass eine glaubensvermittelnde Erziehung die Freiheit einschränkt, ist jedoch Unsinn, denn die Zahl derjenigen, die ihren Kinderglauben ablegen oder später Konfession oder Religion wechseln, ist ein nicht zu übersehendes Gegenargument.
Würden sich die Eltern (wie es manche modernen Ehepaare versuchen) glaubens-neutral verhalten, damit die Kinder in fortgeschrittenem Alter selbst entscheiden, wüssten diese nicht, wofür oder wogegen sie sich entscheiden sollen; das wäre dann eine Einschränkung der Freiheit durch Unwissenheit.
Somit ist für die freie Entscheidung der Kinder der Glauben der Eltern unverzichtbar. Letztlich ermöglicht erst eine Erziehung im Glauben, begleitet von der Gnade Gottes, die freie und selbsttätige Entscheidung des Kindes für oder gegen den Glauben. Eine Taufe im Säuglingsalter ist also keine Beschneidung der Freiheit des heranwachsenden Menschen – im Gegenteil.
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