Die Angst vor der Beichte
Jeder hat immer ein wenig Angst vor der Beichte. Keiner redet gerne und mit Vergnügen über seine Sünden und Bosheiten. Eine Unruhe, etwas Angst oder Furcht, zumindest aber Respekt vor diesem heiligen Geschehen ist aber nicht schlecht. Im Gegenteil.
Die Beichte ist in einem persönlichen Leben mit Gott manchmal das einzige objektive Geschehen – also das einzige, wo Du mit Deinem Glauben »heraus« musst und Dich mit einem Dir fremden Menschen auseinandersetzen musst – und in ihm auch noch Gott erkennen sollst. Das ist nicht einfach – aber gerade das bewahrt Dich davor, Dich mit Deinem Gott einzurichten und es Dir zu gemütlich zu machen.
Es geht in der Beichte nicht nur um eine angenehme Wohligkeit, sondern auch darum, sich gefordert zu fühlen und eine heilsame und heilige Unruhe zu empfinden. Moses war auch nicht einfach nur happy, als er den Dornbusch sah – er hatte vermutlich den gleichen Respekt wie andere heute vor dem Beichtstuhl. Gott ist zwar »lieb«, aber er ist nicht kuschelig. Genau das aber ist die Gefahr, wenn ich mit meinem Glauben an Gott unterfordert werde. Und ein Kuschel-Gott ist irgendwann auch nicht mehr als ein Teddy, der nicht wirklich hilft.
Beichte macht Freude – nicht Spaß
Spaß kann man sich kaufen (zum Beispiel durch eine Kino-Karte) oder direkt ansteuern (zum Beispiel in Form eines Freizeitparks); Spaß ist etwas, das ich so lange habe, wie der spaßbringende Zustand andauert (also so lange wie ich »Achterbahn fahre« oder »Fallschirm springe« oder »Drachen fliege«).
Freude dagegen stellt sich erst ein, wenn man etwas getan hat, dass man zwar als richtig erkannt hat, aber das überhaupt keinen Spaß macht. (Wenn ich zum Beispiel meinem kleinen, nervenden Bruder vor der Mathearbeit mit den Hausaufgaben helfe, anstatt im Freibad zu liegen, macht das keinen Spaß. Aber ihn nach der bestandenen Arbeit strahlen zu sehen, macht Freude!)
Beichten macht keinen Spaß. »Du warst im Phantasia-Land und im Heidepark Soltau? Dann probier’s doch jetzt einmal mit der Beichte!« – das ist Blödsinn. Aber auch das Gefühl »Boah, nach der Beichte fühlt man sich so erleichtert!« ist trügerisch – denn oft ist es nur das Gefühl, endlich diese unangenehme Beichte hinter sich zu haben.
Wer aber weiß, dass die Beichte u. U. heilsnotwendig ist; zudem gut für meine Seele und meine Gottesbeziehung, wer glaubt, dass er wirklich nach der Beichte reingewaschen und eine wunderschöne Seele hat – wer spüren kann, dass Gnade unverdient ist und doch geschenkt wird – der wird sich freuen. Ohne Ende.
Und (wieder so eine Genialität): in diesem Zustand der Freude hat man gar keine Lust, wieder zu sündigen. Die Freude ist sozusagen die Creme mit dem höchsten »Sündenschutzfaktor« – und bewahrt tagelang vor dem nächsten »Sündenbrand« – ein echter »Sin-Blocker«.
Der Bußgottesdienst
Ein Bußgottesdienst ist eine wunderschöne Form der gemeinsamen Gewissenserforschung. Auch ein gemeinsames, allgemeines Bekenntnis der Schuld ist sinnvoll – man bekennt in der Gemeinschaft, dass man auch an der Gemeinschaft sündig geworden ist.
Denn jeder Christ, der sündigt, wirft ein schlechtes Licht auf die Kirche. Wie oft kehren Menschen der Kirche den Rücken, weil sie von Christen (z. T. im Namen der Kirche) verletzt worden sind?
Deshalb ist es gut und schön, sich auch vor der Gemeinde und mit der Gemeinde als Sünder zu bekennen. (Das gilt auch – und vor allem – für den Priester!)
Aber: Ein Bußgottesdienst ist kein Sakrament, keine definitive Zusage der Vergebung und keine Möglichkeit, aus schwerer Schuld herauszufinden. Der Bußgottesdienst als Gewissenserforschung und Versöhnung mit der Gemeinde ist ein guter und sinnvoller Schritt auf dem Weg zur Beichte – ersetzt diese aber nicht.
Ein Bußgottesdienst zu besuchen ohne anschließend zu beichten – das wäre so, als wenn ein junger Mann erkennt, dass er die Lieblingsvase seiner Freundin zerbrochen hat – und das dem Vasen-Verkäufer gegenüber auch freimütig erwähnt und sogar schon eine neue Vase bestellt – aber diese neue Vase seiner Freundin nie aushändigt (und auch im Geschäft überhaupt nicht abholt) und das alles zudem der Freundin verschweigt. Schade um die schöne Beziehung.
Die Häufigkeit der Beichte
Die Kirche geht davon aus, dass wir mindestens einmal im Jahr beichten gehen – und, wenn es wirklich nur einmal im Jahr ist, sollte das vor Ostern sein (so steht es in den Kirchengeboten). Aber damit ist ein absolutes Minimum angegeben, dass es uns nur noch schwerer macht, wirklich befreiend zu beichten.
Eine gute Beichte setzt eine regelmäßige, möglichst tägliche Gewissenserforschung voraus. Und spätestens dann, wenn wir die in der Gewissenserforschung erkannten Sünden zu vergessen drohen, sollten wir beichten gehen. Das dürfte irgendwo zwischen wöchentlich und monatlich liegen – das hängt aber auch davon ab, wie abwechslungsreich Dein Leben ist. Ich als Priester sollte sicherlich 14-täglich beichten gehen (ich begegne ständig neuen Leuten mit neuen Problemen und neuen Situation – da vergesse ich schnell, was ich da flasch gemacht haben könnte).
Wer seltener beichtet, wird auch häufiger mit folgenden Problemen zu tun haben:
Ich weiß nicht, was ich beichten soll
Mir kommt es häufiger vor, dass ich vor einer Beichte wirklich nicht weiß, was ich dieses Mal beichten soll. Das ist ein untrügliches Zeichen dafür, dass ich zu selten beichte. Denn dann habe ich mich schon zu sehr an meine Sünden gewöhnt und nehme sie schon gar nicht mehr richtig wahr.
Ich beichte so allgemeinen Kram
Wer zum Beispiel 14-tägig beichtet, der wird feststellen, dass er nicht nur Oberbegriffe nennt »Ich habe gelogen, war faul und lieblos« – sondern dass er Zeit, Ort und Umstände benennen kann. Dass er nun Zeit hat, nicht nur Sünden zu »erwähnen«, sondern kleine Geschichten erzählt. Glaube mir – das sind herrliche Beichten! Für mich als Priester, für Dich als Beichtenden, aber vor allem für Gott.
Ich bin so nervös vor der Beichte
Wenn Du häufiger beichtest, kannst Du Dich in einem guten Sinne daran gewöhnen. Du wirst vorher ruhiger sein, Du weißt, wann und wo die Beichte stattfindet, Du weißt, wie lang die Schlange vor Dir ist. Du kennst vielleicht schon den Priester und weißt, wie Du etwas am Besten formulierst.
Natürlich gibt es auch eine schlechte Routine – in der die Beichte nur noch als Ritual absolviert wird und kein Gedanke dabei an Gott verschwendet wird. Aber glaube mir: Das kommt viel häufiger bei den »einmal-und-nie-wieder« Beichten vor – und fast nie bei denen, die jede Woche beichten.
Warte also nicht zu lange mit der nächsten Beichte. Mache den Beichtstuhl auch zu Deinem Wochenendhaus!
Ich beichte immer dasselbe
Du beichtest immer wieder dasselbe? Macht nichts – ich auch. Wir Menschen sind nunmal so, dass wir uns nur sehr langsam ändern und eine eingefahrene Spur nur mit viel Geduld verlassen können. Viele Sünden sind uns zur Angewohnheit geworden – und deshalb werden wir sie auch nicht so schnell wieder los.
Gott hat Geduld mit Dir. So fordert Jesus seine Jünger auf: »Wenn dein Bruder sündigt, weise ihn zurecht; und wenn er sich ändert, vergib ihm. Und wenn er sich siebenmal am Tag gegen dich versündigt und siebenmal wieder zu dir kommt und sagt: Ich will mich ändern!, so sollst du ihm vergeben.« Nicht einfach, zugegeben. Deshalb stöhnten die Apostel auch sofort: »Die Apostel baten den Herrn: Stärke unseren Glauben!« (Lk 17, 3-5)
- Einmal solltest Du Dich nicht zu sehr darauf versteifen, dass die Beichte eine Therapie ist – Du wirst immer ein Sünder bleiben.
- Heiligkeit besteht ja auch nicht darin, dass Du eines Tages keinen Grund mehr zur Beichte hast, sondern dass Du in ständiger Freundschaft mit Gott lebst – und da gehört die Bitte um Verzeihung auch dazu.
- Du solltest Dich nicht fragen, was der Priester wohl von Dir denkt – vor allem, wenn Du regelmäßig beim gleichen Priester beichtest und schon wieder dasselbe. Bedenke immer: Auch der Priester ist ein Sünder und hat mit ziemlicher Sicherheit das gleiche Problem wie Du. Wenn es Dir hilft, dann darfst Du ruhig davon ausgehen, dass der Priester ein größerer Sünder ist als Du – er wird Dir nicht widersprechen.
- Es ist gut, an einer kleinen Sünde zu scheitern – es ist gut für unsere Demut. Sonst sind wir irgendwann der Versuchung erlegen, wir hätten die Überwindung aller Sünden unserer eigenen Machtvollkommenheit (mit einem kleinen Schuß Gnade) zu verdanken. Im Gegenteil; Gott zeigt uns an dieser »resistenten Lappalie«: »Schau, mein Kind – ohne meine Gnade schaffst Du noch nicht einmal das! Bleib also in meiner Nähe und überheb Dich nicht. Ich bin Deine Kraft!«
Haltungen und Sünde
Es ist wichtig, eine grundsätzliche Haltung von der daraus folgenden Sünde zu unterscheiden. Wenn ich beispielsweise ein ungeduldiger Mensch bin – dann ist das eine Schwäche, aber noch keiner Sünde. Zur Sünde wird es erst dann, wenn ich aus dieser Haltung heraus meinen Freund beschimpfe, weil er sich nicht an die Uhrzeit gehalten habe (und ihn womöglich nicht zur Wort kommen lasse, obwohl er vielleicht gute Gründe hatte).
Wir alle haben Schwächen und Charaktereigenschaften, die wir als mangelhaft erfahren. Diese Schwächen (zum Beispiel in Mathematik) sind aber keine Sünden – verleiten uns aber gerne dazu (indem wir bei der Klassenarbeit abschreiben – unsere Unfähigkeit leugnen und lügen – auf andere herabschauen, die noch schlechter sind). Dabei sind diese Schwächen oft nicht zu ändern – was wir aber aus den Schwächen heraus tun, liegt sehr wohl in unserer Macht.
Eine große, sehr große Anzahl von Sünden können wir vermeiden, indem wir »einfach« zu unseren Schwächen stehen und sie nicht kaschieren, nicht verheimlichen, nicht davon ablenken oder sie rechtfertigen wollen. Okay – so »einfach« ist das nicht. Es mag sogar sehr »anstrengend« sein – aber es ist genau das Gegenteil von kompliziert. Ein anderer Mensch sein zu wollen – ein Mensch scheinbar ohne Schwächen – ist dagegen sehr kompliziert. (Die Sünde ist immer sehr kompliziert!)
In diesem Zusammenhang gehören die sieben »Todsünden« – die allerdings fälschlicherweise so genannt werden. Denn hierbei handelt es sich genau genommen um »Haltungen, Schwächen« – oder, wie sie manchmal genannt werden, um »Wurzelsünden« oder »Hauptsünden«. So, wie alle Haltungen, stellen die sog. Todsünden Versuchungen dar – und nur, wer sich darauf einlässt, sündigt tatsächlich.
(Die sieben Hauptsünden sind: 1. Stolz, 2. Neid, 3. Zorn, 4. Geiz, 5. Unmäßigkeit, 6. Unkeuschheit, 7. Trägheit.)
Das Beichtgeheimnis
Zum Beichtgeheimnis etwas zu schreiben, ist vermutlich überflüssig. Es ist auch relativ schnell beschrieben: »Das Beichtgeheimnis gilt absolut. Immer und überall. Unter allen Umständen.« Fertig.
Aber es tut vielleicht ganz gut, noch einmal auf folgende Einzelheiten ausdrücklich hinzuweisen:
Der Priester darf niemanden und unter keinem Umständen den Inhalt einer Beichte weitersagen – auch nicht dem Staat, auch nicht unter Androhung von Strafe und auch nicht in persönlicher Todesgefahr.
Vom Beichtgeheimnis kann nur einer befreien: Der Beichtende selber. Er kann zum Beispiel dem Priester den Auftrag geben, der Polizei einen Hinweis zu geben oder dem betrogenen Händler eine Entschädigung zu überreichen.
Das Beichtgeheimnis gilt auch dem Beichtenden gegenüber: Der Priester darf niemals, unter keinen Umständen den Beichtenden außerhalb der Beichte auf eine Sünde oder eine daraus folgende Konsequenz ansprechen.
Das Beichtgeheimnis bezieht sich auch auf das Handeln des Priesters: Er darf nicht nur das Wissen aus der Beichte nicht weitergeben (weder in mündlicher, noch in schriftlicher Form), er darf auch von dem in der Beichte erworbenen Wissen keinen Gebrauch machen. (Erfährt der Priester beispielsweise in der Beichte, dass seine Sekretärin Geld veruntreut, darf er sie weder entlassen noch mit einer anderen Aufgabe betrauen – ja, er darf noch nicht einmal häufiger als sonst die Kasse nachprüfen!)
Die Beispiele in Krimis oder Spielfilmen (»Ich beichte«, »The Good Shepherd«, »Das Beichtgeheimnis« oder »Auf den Schwingen das Todes«) sind also nicht weit hergeholt – sie entsprechen der katholischen Realität: Auch wenn der Priester selbst des Mordes verdächtigt wird, darf er die wahre Identität des Mörders nicht preisgeben, wenn er sie nur aus der Beichte kennt. Im Zweifelsfall muss der Priester es sogar in kauf nehmen, dass der Mörder weitere Verbrechen begeht …
Warum gilt das Beichtgeheimnis sogar in diesem extremen Fall? Nun – gäbe es Ausnahmen, zum Beispiel in Falle eines Mordes, würde der Mörder diese Sünde sicherlich nicht mehr beichten. Wer möchte, dass die Beichte vor Gott – über den Priester – wirklich ALLE Sünden umfassen darf, kann auch beim Beichtgeheimnis keine einzige Ausnahme zulassen.
Werden alle Sünden vergeben?
Ja, alle. Es gibt keine Schuld, die vor Gott so groß ist, dass sein Sohn dafür nicht Sühne geleistet hat. So heißt es ja auch im Markus-Evangelium: (Kapitel 3, 28) »Amen, das sage ich euch: Alle Vergehen und Lästerungen werden den Menschen vergeben werden, so viel sie auch lästern mögen.«
Allerdings heißt es einen Vers weiter: »Wer aber den Heiligen Geist lästert, der findet in Ewigkeit keine Vergebung, sondern seine Sünde wird ewig an ihm haften.« Das klingt allerdings so, als wenn es doch eine Sünde gäbe – die Geistes-Lästerung – die sofort zur ewigen Verdammnis führt. Vielen Menschen bereitet diese Bibelstelle große Kopfschmerzen.
Gemeint ist mit der »Lästerung des Heiligen Geistes« die Zurückweisung des Geistes – eben des Geistes der Vergebung. Wer Gottes Nähe ablehnt und Seine Vergebung nicht will – nun, der behält seine Sünde. Wer in Jesus nicht den Messias sieht oder sehen will (siehe Mk 3, 30), der uns von den Sünden erlöst, der wird auch nicht gegen seinen Willen erlöst. Sollte ein solcher Mensch allerdings Vergebung und Erlösung bei Jesus suchen, weil er sich bekehrt, so kann auch ihm vergeben werden.
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