Verschwörungstheorien sind wir Katholiken gewohnt. Seit mehr als tausend Jahren.

Zur Zeit – in der Hochphase der Corona-Pandemie – tauchen sie vermehrt auf: Die Verschwörungstheorien. «Wurde das Corona-Virus nur geschaffen, um uns alle zwangsweise zu impfen – und dabei einen Computer-Überwachungs-Chip zu injizieren?» – «Ist die Corona-Pandemie nur ein Vorwand, um unsere Freiheitsrechte zu beschneiden?» – und so weiter. Blogger, Politiker, Journalisten, Wissenschaftler und besorge Bürger versuchen verzweifelt, gegen diese Verkünder einer selbstgemachten Wahrheit anzugehen. Meistens vergeblich.

Dabei sind Verschwörungstheorien nicht neu – „Das Lexikon der Verschwörungstheorien“ von Robert Anton Wilson aus dem Jahre 1998 führt auf 397 Seiten über 400 Verschwörungstheorien namentlich auf. Eine sehr unterhaltsame Lektüre. Und das noch vor den Ereignissen vom 11. September 2001…

Noch bekannter sind diese Theorien der katholischen Kirche. Im Grunde sind die allermeisten kirchenkritischen Thesen nichts anderes als Verschwörungstheorien: «Gott existiert nicht. Er ist eine Erfindung der Mächtigen zur Kontrollen der Armen.» (Lenin); «Gott existiert nicht. Er ist eine Erfindung der Armen zur Betäubung ihres Leidens.» (Marx); «Gott existiert nicht. Er ist eine Projektion unseres Wunschdenkens» (Feuerbach); «Jesus hat keine Wunder gewirkt, das ist eine Hinzufügung der Kirche» (Das Jesus-Projekt); «Jesus hatte eine Affäre mit Maria Magdalena, aber die Kirche hat das vertuscht» (Dan Brown); «Papst Johannes Paul I. wurde ermordet, aber das hat der Vatikan verheimlicht» (David Yallop); «Jesus ist nicht am Kreuz gestorben, er fiel nur ins Koma» (Johannes Fried); «Paulus hat aus Jesus einen Gott gemacht» (Hubertus Halbfas); «Maria war keine Jungfrau, der Vater von Jesus war ein römischer Hauptmann. Die Evangelisten haben das manipuliert» (vermutlich die älteste antichristliche Verschwörungstheorie) – usw. Es gibt zwar kein „Lexikon der antikirchlichen Verschwörungstheorien“, aber ich bin mir sicher, ein solches Unterfangen könnte mehrere Bände füllen.

Die allermeisten kirchenkritischen Thesen sind nichts anderes als Verschwörungstheorien

Nun gibt es die katholische Kirche trotzdem noch – obwohl unzählige Verschwörungstheoretiker ungehindert den Büchermarkt mit ihren Theorien fluten konnten und dafür sogar noch den Beifall der Medien erhielten. Bis auf den heutigen Tag. Vielleicht kann die moderne Gesellschaft – auch in Zeiten von Corona – von der Kirche lernen:

  • Verschwörungstheorien gab es immer und wird es immer geben. Nur die Ruhe bewahren.
  • Verschwörungstheorien leben davon, ein etabliertes und allgemein anerkanntes Wissen zu hinterfragen – nur so entsteht das Gefühl, einer kleinen, elitären und wissenden Gemeinschaft anzugehören. Das heißt im Umkehrschluss: Das hinterfragte Wissen ist gut begründet, weithin anerkannt und stabil. Nur die Ruhe bewahren.
  • Verschwörungstheorien klingen plausibel, sind es aber nicht. Der katholische Glaube klingt nicht immer plausibel, ist es aber. Das aufzuzeigen, ist ein Leichtes. Nur die Ruhe bewahren.
  • Wer mit Verschwörungstheoretikern diskutiert und sich gut informiert hat, braucht keine Sorgen zu haben, überrannt zu werden. Er darf sich sogar darüber freuen, einem größeren interessierten Zuhörerkreis das gute Fundament des Glaubens darzulegen. Also: Nur die Ruhe bewahren und ein bisschen dankbar sein.
  • Verschwörungstheoretiker sind nicht böse, sondern glauben wirklich, was sie verkünden. Sie sind zwar nicht immer willig, aber glauben an die Kraft ihrer Argumente. Eine herzliche Einladung an uns, Gegenargumente zu finden und zu formulieren. Wir werden nur die wenigstens Verschwörungstheoretiker bekehren – aber haben im Anschluss unseren Glauben noch besser verstanden. Kein Grund, die Ruhe zu verlieren!
  • Oder, mit einem Wort von Gilbert Keith Chesterton: „Wenigstens fünf Mal ist mit den Arianern und den Albigensern, den humanistischen Skeptikern, mit Voltaire und mit Darwin der Glaube allem Anschein nach vor die Hunde gegangen. Doch stets war es der Hund, der starb…“ – Na, wenn das kein Grund ist, über manche aufgeregte Kritik in der katholischen Kirche das Haus zu erkennen, das auf Fels gebaut ist.

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Schlagwörter: , Last modified: 10. Mai 2020