Gott ist der gute Vater. Aber war Jesus nicht auch Gott? Ist Gott sein eigener Vater? Und welche Rolle spielt in diesem Wirrwarr der Heilige Geist? Ein dritter Gott? Oder doch nur einer? Aber wer ist denn nun dieser eine Gott?

Es wäre gut, die alte christliche Unterscheidung immer vor Augen zu haben: Der eine Gott ist in sich dreifach: Vater, Sohn und Geist. Das heißt, wir bringen den Wirrwarr in die Köpfe der theologisch Unsicheren vor allem deshalb, weil wir ungenau reden: Gott ist nicht einfach nur Vater. Gott ist Vater, Sohn und Geist! Wir sollen also im gleichen Maße wie von »Gott, dem Vater« auch von »Gott, dem Sohn« und »Gott, dem Heiligen Geist« sprechen.

Aber, mal ehrlich: Das fällt uns schwer. Wir haben den Vater so sehr mit dem ganzen Wesen Gottes identifiziert, dass wir bei dessen Erwähnung immer sofort ein abgeschlossenen Bild von Gott vor Augen haben – und Jesus ist dann irgendwie draußen vor.
Besser wäre es, wenn wir – solange wir Gott in seinem Wesen beschreiben wollen – nicht vom »Vater« sprechen. Sondern vom »familiären Gott«, oder – noch besser – vom »liebevollen Gott«. Denn Gott ist in sich ein familiäres, lebendiges und liebevolles Geschehen.

Die Dreifaltigkeit lebt!

Im Gegensatz zu anderen monotheistischen Religionen oder Sondergruppen ist der christliche Gott ein Gott voller Leben. Jeder andere, einpersonale Gott ist ein seiner Ewigkeit irgendwie auch kalt und starr: So ein monolithischer Gott existiert so vor sich hin …

Der christliche Gott aber ist in sich Geschehen, Leben: Der Vater zeugt den Sohn, der Sohn verdankt sich dem Vater, beide hauchen den Geist, der Vater und Sohn in Liebe verbindet … das ist Leben und Liebe, nicht nur bloße Existenz.
Während in anderen Weltanschauungen der eine (einzige und einsame) Gott den Menschen erschaffen muss, um nicht vor lauter Einsamkeit und Unveränderlichkeit verrückt zu werden, ist der dreifaltige Gott mit sich selbst bestens zufrieden … die Erschaffung des Menschen ist eine Erweiterungen dieses göttlichen, vor Liebe überfließenden Lebens, nicht die Rettung der Existenz eines suizidalen Gottes.

Das Band der Liebe

Ist das nicht etwas eng – wenn sich drei Personen nur ein Wesen (einen Gott) teilen müssen? Das Gefühl der Enge verstärkt sich noch, wenn wir bedenken, dass diese drei Personen nach außen hin immer mit einer Stimme sprechen, nur einen Willen zeigen und nur gemeinsam agieren. Engt das nicht die Willensfreiheit der jeweiligen Personen ein?

So sagt Jesus in der Nacht vor seinem Tod auf dem Ölberg: »Mein Vater, wenn es möglich ist, gehe dieser Kelch an mir vorüber. Aber nicht wie ich will, sondern wie du willst!« (Joh 26, 39)

Ob diese »Enge« wie ein Käfig ist, hängt davon ab, was diese drei verbindet. Ist es nur das gemeinsame Schicksal (»mitgefangen, mitgehangen«), dann wird sich wohl keiner der drei vergnügt damit abfinden. Wenn aber – und das ist ja unser Glaube – das Band, das die Drei verbindet, das Band der Liebe ist, dann ist Enge und Nähe und Einheit die Erfüllung der Liebe. Dann ist die gegenseitige Unterordnung nicht Folge der Liebe, sondern die Liebe selbst.

Man sollte sich niemals erdreisten, Liebe zu definieren. Aber eine Annäherung an das, was Liebe ist, wäre zum Beispiel: »Meine Freude ist es, wenn Du Dich freust.« Das ist nicht notgedrungene Unterordnung als Beschneidung des eigenen Willens, sondern hier wird die Freiheit benutzt, um sich dem anderen in Liebe hinzugeben. DAS ist Liebe.

Gott ist die Liebe (1 Joh 4, 8); das bedeutet nicht nur, dass Gott sich zu anderen »lieb verhält«, sondern dass das innere Wesen Gottes – die Art, wie die Dreifaltigkeit gestrickt ist – Liebe ist.

Die Enge, die dazu führt, dass Gott zwar drei Personen ist, aber doch nur ein Wesen, ist keine drangvolle Enge. Sondern liebende Zärtlichkeit. Eng ist gemütlich.

Drei und eins …

Wenn wir betonen, dass Gott nur ein Gott ist, dann verschwimmt schnell die Eigenständigkeit der Personen – um das zu vermeiden hatten die Christen der ersten Jahrhunderte alle Hände voll zu tun und viele Dogmen erlassen.
Wir müssen uns aber auch vor dem anderen Extrem hüten – aus dem einen Gott drei Götter zu machen. Auch wenn die Fachbegriffe ähnlich klingen: Trinität (für Dreifaltgkeit) und Tritheismus (für drei Götter) oder Trias (für alle sonstigen Dreiheiten). Denn die Christen stehen so sehr in der Tradition der jüdischen Offenbarung, dass wir von der Selbstaussage Gottes nichts zurücknehmen: »Höre, Israel! Jahwe, unser Gott, Jahwe ist einzig. Darum sollst du den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit ganzer Kraft. Diese Worte, auf die ich dich heute verpflichte, sollen auf deinem Herzen geschrieben stehen.« (Dtn 6, 4-6).

Aber nicht nur, weil die Juden den Christen den Ein-Gott-Glauben mit in die Wiege gelegt haben, glauben die Christen an das seltsame Konstrukt »Ein Gott – Drei Personen«. Sondern auch, weil Jesus selbst großen Wert darauf gelegt hat: »Ich und der Vater sind eins!« (Joh 10, 30)

Augustinus sagt hierzu (sinngemäß): »Das Wort „Ich und der Vater sind eins“ bewahrt uns davor, nur an eine Person zu glauben, „Ich und der Vater sind eins“ bewahrt uns davor, an drei Götter zu glauben.«

Drei Personen – aber nur ein Wesen. Das wird manchmal mit dem »Genus«-Begriff erklärt: So wie es verschiedene Löwen gibt, aber eben nur eine Löwenart, sei es auch bei Gott. Es gibt verschiedene Menschen, aber nur eine Menschheit; verschiedene göttliche Personen, aber nur eine Gottheit.
Aber diese Erklärung hat die Kirche als Irrlehre verworfen. Gott ist tatsächlich auch zahlenmäßig nur einer; das ist Dogma. Es muss also immer noch heißen: »Drei Personen, aber nur ein Gott.«

Es gibt dazu eine kleine Anekdote: Ein jüdischer Rabbi meinte, die Christen hätten mit dem Glauben an die Dreifaltigkeit wohl das Rechnen verlernt. »Dabei ist es doch ganz einfach: Eins plus eins plus eins macht Drei!« – »Ja«, sagt darauf ein katholischer Priester, »aber sie vertun sich in der Rechenart: Eins mal eins mal eins ist eins!«

Diese Einheit ist also eine einmalige Sache, für die wir in dieser Welt kein wirkliches Beispiel finden. Aber – wohl eine Ähnlichkeit.

Der Mensch allein ist kein Ebenbild Gottes.
Aber die Familie ist es!

Im ersten Schöpfungsbericht heißt es: »Dann sprach Gott: Lasst uns Menschen machen als unser Abbild, uns ähnlich. Sie sollen herrschen über die Fische des Meeres, über die Vögel des Himmels, über das Vieh, über die ganze Erde und über alle Kriechtiere auf dem Land. Gott schuf also den Menschen als sein Abbild; als Abbild Gottes schuf er ihn. Als Mann und Frau schuf er sie.« (Gen 1, 26f)

Dass Gott hier im Plural spricht, mag ein sogenannter pluralis deliberationis sein; aber die frühen christlichen Theologen haben darin einen tieferen und schöneren Sinn gesehen: Gott spricht im Plural, weil er in diesem Augenblick den Menschen als Abbild der Dreifaltigkeit schafft (»nach unserem Abbild«): Als Mann und Frau. So, wie in Gott die Liebe die Personen verbindet, hat er auch den Menschen geschaffen: Als ein Wesen, dass sich in Liebe verbindet und zu einer neuen Einheit berufen ist: Zur Familie.

Das eigentliche Bild Gottes ist also weder der Mann,
noch die Frau,
sondern beide in Liebe verbunden.

Natürlich darf man nicht der Versuchung erliegen, die Dreifaltigkeit als »Vater, Mutter, Kind« zu deuten – auch wenn manche moderne Theologen dem Geist durchaus weibliche Eigenschaften zuordnen.

Offensichtlich hat Mohammed, der das Christentum nur flüchtig kennen lernte, eine solche Vorstellung von der christlichen Dreifaltigkeit: Dass dort »Gottvater, Gottmutter und Gottkind« vereint seien. Das lehnte er ab – nachvollziehbar. Bis auf den heutigen Tag gilt für die Muslime daher die Dreifaltigkeit als eines der größten Ärgernisse des christlichen Glaubens.

Die Ebenbildlichkeit besteht dagegen nicht darin, dass wir eine Kopie Gottes sind (oder, noch billiger: Dass wir in Gott eine Kopie des Menschen sehen). Sondern im Zusammenspiel von Freiheit, Liebe und Gehorsam – von Geist, Person und Einheit.

Vielleicht erkennen wir jetzt, warum die Christen immer die Familie als »Keimzelle der Gesellschaft« angesehen haben; die Sexualität so hoch schätzen, die Ehe unantastbar halten usw.: Wir bewahren unsere Würde nur, indem wir unsere Gottebenbildlichkeit schützen.

Aus diesem Gottesbild entspringt auch die ganze Fülle des christlichen Glaubens: Denn durch die Taufe sind wir Christus gleichgestaltet (also in die Dreifaltigkeit aufgenommen), durch die Eucharistie werden wir in der Christusförmigkeit erhalten, in der Ehe werden Mann und Frau zum Bild der Liebe Gottes (»Mann und Frau und Frau und Mann / reichen an die Gottheit ‚ran«); die Kirche ist die Teilhabe am Leib – damit an der Dreifaltigkeit, diese Teilhabe ist Himmel.

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