Die Tatsache, dass die Lesung von Pfingsttag mit ihren vielen schwierigen Völkernamen zum Schreck aller Lektoren gehört, macht deutlich, dass das Pfingstfest mit der Überwindung aller Sprachbarrieren keine bleibende Wirkung gehabt hat.
Die Tatsache, dass wir Menschen viele verschiedene Sprachen sprechen, macht nicht nur den Auslandsurlaub oder die Europäische Einigung so schwierig, sondern die wird uns auch oft genug im Alltag bewusst:
Wie oft stellen wir fest, dass wir uns mit anderen Menschen einfach nicht verständigen können, dass lange Gespräche und oft auch viel guter Wille Missverständnisse, Verletzungen und Streitigkeiten nicht aus der Welt schaffen können. Auch zwischen den Generationen, zwischen jung und alt, ist oft die Rede davon, dass wir verschieden Sprachen sprechen. Und sogar zwischen Männer und Frauen, so heißt es z.B. in dem Buch «Du kannst mich einfach nicht verstehen», ist eine Verständigung nicht nur schwierig, sondern manchmal auch unmöglich.
Warum tun wir uns so schwer damit, für einander Verständnis zu haben? Ist das Pfingstgeschehen, von dem wir in der Lesung gehört haben, denn heute nicht mehr wirksam?
Die Antwort darauf gibt uns Paulus in seinem Brief an die Korinther: «Ich zeige euch jetzt noch einen anderen Weg, einen, der alles übersteigt: Wenn ich in den Sprachen der Menschen und Engel redete, hätte aber die Liebe nicht, wäre ich dröhnendes Erz oder eine lärmende Pauke.»
Die Gabe des Geistes ist nämlich nicht eine geniale Sprachbegabung. Mit dem Sakrament der Firmung wird offensichtlich weder der Englisch-Unterricht noch der Französisch-Unterricht überflüssig. Die Gabe des Geistes ist die Muttersprache der Kirche: Die Liebe.
Die Liebe, das drängende Bedürfnis, sich dem anderen voll und ganz, ohne Vorbehalte zuzuwenden, den anderen verstehen zu wollen (!), ist der Schlüssel zur Überwindung der Sprachgrenzen. Liebevolle Blicke, gemeinsames Tun und gegenseitige Achtung sind die Vokabeln, die uns der Geist lehrt.
Deshalb ist es eigentlich nicht richtig, wenn wir davon sprechen, dass wir uns oft nicht mehr verstehen können. Vielmehr wollen wir oft nicht begreifen, was in anderen vor sich geht. Die Angst, seine eigene Überzeugung zu verraten, die Befürchtung, sich selbst untreu zu werden und den Halt zu verlieren, hält uns davon ab, allzu sehr auf uns fremde Vorstellungen (der Jugend, des Alters, anderer Kulturen oder des anderen Geschlechts) einzugehen.
Hier genau brauchen wir den Geist Gottes: Er gibt uns den festen Stand, die klare Überzeugung und die Gewissheit, von Gott geliebt zu sein. Das macht uns sicher, das hält uns. Fremdenhass sieht im Anderen eine Bedrohung, ist also Zeichen der Unsicherheit. So wie die Apostel, die sich einschließen und Angst haben.
Aber seit Pfingsten brauchen wir keine Angst mehr zu haben, im Lieben und Zugehen auf andere uns selbst zu verlieren. Denn es hält uns der Geist Gottes. Wir verlieren nicht unsere Identität, unsere Eigenständigkeit, wenn wir lieben, weil wir ja auch so, wie wir selbst sind, von Gott geliebt sind.
Geistbeseelte Menschen sind Menschen, die ihren eigenen Stand haben und gerade deshalb so frei auf andere zugehen können. Wer sich selbst verstanden weiß, kann vielmehr Verständnis aufbringen. Und das ist unsere Gnade: Das wir von Gott ergriffen und gehalten sind.
Nehmen wir das Pfingstfest als eine Art «Sprachurlaub», in dem wir von und mit der Kirche unsere Muttersprache neu lernen. Denn die Muttersprache der Kirche ist weder Latein noch griechisch – die Muttersprache alle Christen ist die Liebe.
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