Die Aufgabe des Priester in der Beichte:
Genau genommen hat der Priester in der Beichte möglichst keine eigene Rolle zu spielen.
Das klingt seltsam (und für einige Priester echt hart). Aber es stimmt: Der Priester ist nur Telefonhörer. Er nimmt Dein Bekenntnis im Auftrag Gottes entgegen – und richtet Dir aus, was er im Auftrag Gottes zu sagen hat. Die schönsten Beichten sind oft sehr kurz – mit Gott plauschen und »schnacken« kann man ja auch im persönlichen Gebet.
Aber nicht jeder kann richtig beten. Oft sind es gerade die Sünden, die uns im Gebet mit Gott behindern oder es unmöglich machen. Und nicht jeder möchte »nur« Vergebung der Sünden, sondern braucht vielleicht auch Mut, Zuversicht, Selbstvertrauen und einen guten Rat.
Der Priester als Arzt
Deshalb kann und darf ein Priester auch mehr als nur die Sünden vergeben: Er ist mehr der Arzt, der sich um den Verletzten oder Verwundeten kümmert. Seine erste Medizin ist und bleibt die sakramentale Vergebung – nicht die eigenen Hausmittelchen und selbstgebrauten Heiltropfen.
Aber um die Wirkung der Gnade zu verdeutlichen oder spürbarer zu machen – oder um der Heilkraft der Gnade überhaupt Raum zu geben oder zumindest intensiver wirken zu lassen, ist der Priester auch mit seinen eigenen Worten gefragt. Dabei sollte der Priester sich aber weniger von seiner persönlichen Hobby-Psychologie leiten lassen – und auch keine Therapieform nach seinem Namen benennen; der Zuspruch des Priester steht weiterhin ganz unter dem »Telefonhörer – Gedanken«: Es sollte Gott sein, der aus dem Priester spricht.
Deshalb ein Ratschlag an die Priester: Nehmt Euch zurück und lasst Gott in Euch wirken. Vielleicht habt ihr viel Zeit in einen psychologischen Abendkurs gesteckt – deren Früchte vergiften aber eher das Sakrament der Beichte als dass sie es befruchten. Gebt Gottes Geist Raum, indem ihr im Beichtstuhl betet (und nicht im Freud’schen Lexikon für Traumdeutung blättert).
Und ein Ratschlag an den Beichtenden: Erwartet vom Priester keine Beratung – weder in Ehefragen noch in Konfliktvermeidung. Ein guter Priester ist ein Priester, der Euch von Gott erzählt – und Euch das Gefühl bestätigt, dass Gott der eigentlich Handelnde im Beichtstuhl ist. Weist den Priester, der Euch nach den Wurzeln Eurer Sünde in der Kindheit fragt, auf Eure eigentliche Absicht hin: »Entschuldigen Sie, Herr Pfarrer, ich wollte eigentlich meine Sünden los werden – und nicht analysieren.«
Der Priester als Richter
Den Priester als Richter anzusehen, ist in der Theologie oder Katechese nicht sehr populär und wird oft abgelehnt – oder zumindest verschwiegen. Dabei sind es doch meistens die Richter, die in Kino- und Fernsehfilmen die ruhigen väterlichen Figuren sind und die letzte Zuflucht für jemanden, der Gerechtigkeit oder auch mal nur einen Rat sucht (wer das nicht glaubt, der möge sich einfach mal eine Grisham-Verfilmung nach der anderen ansehen. Ich wäre als Beichtvater gerne wie ein Grisham-Richter!).
Die Aufgabe des Richters ist es, Recht zu sprechen. Die Wahrheit zu finden – und dann, wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind, das Urteil zu sprechen.
Genau das soll der Priester auch sein: unparteiisch, der Wahrheit verpflichtet. Er darf nicht einfach die »Lossprechung« der Sünden verschenken, wenn z. B. keine Reue oder kein Bekenntnis vorliegt. Er ist nicht einfach nur dem guten Gefühl des »Klienten« verpflichtet, sondern der Wahrheit.
… im Gegensatz zu einem Psychiater. Mal angenommen, jemand der glaubt, er wäre Napoleon, kommt zum Psychiater. Dieser gibt ihm den Hinweis, er solle einfach nur so tun, als wenn er nicht Napoleon wäre. Einmal angenommen, der Patient könne damit wunderbar leben – dann ist der Psychiater ein guter Psychiater. Er muss dem Patienten nicht unbedingt die Wahrheit begreiflich machen.
Der Richter hat sich aber nach den Gesetzen zu richten, die ihm vorgegeben sind. Und in diesem Fall sind es die Gesetze Gottes. Es geht also beim »Richten« um den Willen des göttlichen Gesetzgebers – und dieser Wille lautet: »Vergib!«. So ist das »Richten« immer auch ein »Aufrichten«.
Dennoch bleibt der Priester ein Richter – und kein Karnevalsprinz, der Vergebung unterschiedslos in die Menge wirft. Denn der Richter kann nicht anders, als den göttlichen Gesetzen treu zu bleiben. Wer aber die Lossprechung erhält, darf sich sicher sein: Meine Sünden sind vergeben. Ich wurde geprüft und beurteilt, und das Urteil lautet: »Freispruch« aufgrund des Opfers Jesu, der Liebe des Vaters und der Gnade des Hl. Geistes.
Dieses »Ich spreche Dich los!« als richterliches Urteil anzunehmen, ist nicht immer einfach. Viele Menschen können nicht glauben, dass Gott so großzügig ist. Sie können oder wollen nicht wahrhaben, dass ihre Schuld wirklich getilgt und vergeben ist. Diese Menschen daran zu erinnern, dass der Priester eine richterliche Funktion hat, kann sehr wohltuend und heilsam sein: »Wenn er Dich freispricht, dann zweifle nicht mehr: Dann bist Du frei!«
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