Für Anfänger und Wiedereinsteiger
Trotz aller Kirchenkritik und Ablehnung der Institution «Kirche» fühlen sich immer wieder Menschen von der katholischen Liturgie angezogen. Entweder als absolute Neulinge (manche noch nicht getauft) oder als «Heimkehrer», die oft über Jahre nur stille «finanzielle Teilhaber» der Kirche gewesen sind, stehen diese nun dem katholischen Zeichen- und Feier-Reichtum fasziniert, aber in der Mitfeier oft hilflos gegenüber. Damit diese nicht aus Angst, sich zu blamieren, vor der Kirchentür kehrt machen, habe ich diese Einführung in das größte der katholischen Mysterien verfasst: Die Heilige Messe.
Diese erste Begegnung mit der Eucharistiefeier (so der theologische Name für «Messe») soll hier durch ein paar praktische und tiefer führende Ratschläge erleichtert werden. Diese Seite kann aber nicht die Mitfeier selbst ersetzen – und vor allem nicht das persönliche Gespräch mit einem glaubenden und praktizierenden Katholiken, den man sich bei ernsterem Interesse als «Pate» erwählen sollte. Aber vielleicht eröffnen die folgenden Hinweise einen ersten Zugang, bewahren vor Peinlichkeiten und wecken Appetit auf mehr.
Erhöhte Alarmbereitschaft: Besonderheiten
Ob Du durch diese Anmerkungen einen geistlichen Zugang zur Messe, zum Glauben und damit zu Gott findest, weiß ich nicht. Aber wenn Du das Gefühl hast, nicht von einem Fettnäpfchen ins nächste zu treten, wird es Dir sicherlich leichter fallen.
Deshalb will ich Dir nicht verschweigen, dass es noch ein paar Besonderheiten gibt, vor denen Du «gewarnt» sein solltest. (Verstehe das bitte nicht als Aufforderung, die folgenden Gelegenheiten zu meiden – ganz im Gegenteil!)
Aschermittwoch – Achtung: Es wird staubig
Am Aschermittwoch, dem Beginn der Fastenzeit, gibt es eine dreckige Besonderheit: Nach der Predigt kommen alle Mitfeiernden zum Priester nach vorne und lassen sich ein Aschekreuz auf die Stirn zeichnen. Das ist ein öffentliches Zeichen: «Ich bin Sünder und brauche Erlösung!» (Das erfordert Mut, aber wenn man nicht alleine ist, ist das sehr wohltuend – wer ist schon sonst so ehrlich?)
Das Aschekreuz kann jeder empfangen – auch die Nicht-Katholiken und die Nicht-Getauften. Leider sind die Evangelischen von dieser Einladung nicht wirklich begeistert. Auch Austeilen kann das Aschekreuz nicht nur der Priester; es handelt sich ja nur um ein Symbol.
Du brauchst weder während, noch vor oder nach dem Empfang des Aschekreuz etwas zu sagen oder zu tun.
Blasiussegen – Achtung: Es wird warm
Am 3. Februar wird das Fest des Heiligen Bischofs Blasius gefeiert – einem Märtyrerbischof aus Armenien. Er soll einmal durch das Anhalten zweier gekreuzter Kerzen und dem Erteilen seines Segens einen jungen Mann vor dem Ersticken gerettet haben. Deshalb wird an diesem Tag (und oft auch an dem vorhergehenden oder nachfolgendem Sonntag) der «Blasius-Segen» gespendet.
Am Ende des Gottesdienstes kann somit jeder (also auch die Nicht-Katholiken und Ungetauften) noch einmal nach vorne zum Priester kommen. Der hält zwei gekreuzte, brennende Kerzen an Deinen Hals (die wohltuende Wärme ist sogar ohne Segen heilsam, daher diese Form) und spricht einen Segen, der mit dem Kreuzzeichen abschließt. Das Kreuzzeichen machst (nicht: sprichst) Du auch mit.
Roratemessen – Achtung: Es ist dunkel
In der Adventszeit gibt es wirklich romantische Messen: Die Kirche bleibt dunkel und wird nur durch Kerzenschein erleuchtet. Auch die Mitfeiernden nehmen eine Kerze mit an ihren Platz, um zumindest die Lieder mitsingen zu können.
In den Roratemessen wird die Dunkelheit zum Bestandteil des Gottesdienstes (weshalb er entweder frühmorgens oder erst abends gefeiert wird), damit Christus als das Licht der Welt (und Maria als die Morgenröte) besonders zur Geltung kommt.
Von Palmsonntag bis zur Osternacht – Achtung: Alles ist anders
Vorsicht: An diesen Tagen ist vieles anders. Palmsonntag beginnt mit einer Prozession, anstelle des Evangeliums wird die ganze Leidensgeschichte vorgelesen – normalerweise mit verteilten Rollen, Gründonnerstag fallen die Glocken und die Orgel aus, aus Karfreitag legt sich der Priester der Länge nach auf den Boden, die Gemeinde muss sich zu den Fürbitten zehnmal hinknien und wieder aufstehen, in der Osternacht werden sieben Lesungen vorgetragen und ein Feuer vor der Kirche entzündet – also, genug Gelegenheit, sich tüchtig zu blamieren. Aber alles diese Formen sind uralt (in «liturgisch hochwertiger Zeit erhält sich das ganz Alte») und beeindruckend. Wer zwischen Palmsonntag und Ostersonntag nicht viermal in der Kirche war, weiß nicht, was Liturgie alles kann!
Asperges – Achtung: Es wird feucht
Anstelle des Schuldbekenntnisses – oder zum Glaubensbekenntnis – haben einige Priester besonderes Vergnügen daran, durch die Gemeinde zu ziehen und die Mitfeiernden mit Weihwasser nass zu machen. Eine schönes Zeichen besonders im Sommer. Du solltest auf keinen Fall mit Wasserpistolen zurückspritzen, sondern Dich einfach bekreuzigen – das Wasser ist eine Erinnerung an die Taufe und die Reinigung durch dieses Sakrament.
Falls Ungetaufte in der Kirche anwesend sind: Du brauchst Dich vor dem Wasser nicht zu ducken. Allerdings ersetzt das «Asperges» auch keine Taufe, sorry.
Weihrauch – Achtung: Es wird neblig
Weihrauch wird unterschätzt: Es stinkt nicht wirklich, und es wird Dir auch nur dann schlecht davon, wenn Du aus Angst vor dem Schlechtwerden das Atmen reduzierst.
Weihrauch hüllt die Messfeier in die Atmosphäre des Geheimnisvollen. Wie Weihrauch aufsteigt, so sollen auch unsere Gebete aufsteigen. Zudem wird Weihrauch als Parfüm eingesetzt (und stinkt wahrscheinlich weniger als ein Deo-Spray von Axe). Aber das ist alles nicht so wichtig. Wichtiger ist: Fühle Dich von der Gegenwart Gottes genauso eingehüllt wie durch den Weihrauch.
Zur Gabenbereitung werden zuerst die Gaben «eingeräuchert» (im Fachbegriff heißt das: «inzensiert»); danach der Priester und danach die Gemeinde. Da heißt es aufgepasst: Aufstehen! Vor und nachdem Du «inszensiert» wirst, macht man eine Verneigung.
Andachten – das Echo der Messe
Neben den Eucharistiefeiern gibt es auch Andacht – Gebetszeiten ohne Kommunionempfang, ohne Wandlung und ohne Gabenbereitung. Es wird einfach zusammen gebetet – und für unsere Anfänger in der katholischen Kirche eine Gelegenheit, ganz entspannt zu bleiben – hier kann man nicht viel falsch machen.
Es gibt Kreuzwegandachten (meist in der Fastenzeit), Maiandachten (meist im Mai, wie der Name sagt, und oft in der freien Natur), Rosenkranzandachten (bevorzugt im Oktober), Eucharistische Andachten (in der der Leib Christi angebetet wird und Du damit gesegnet wirst) – und noch viele andere. Man muss sie alle mal erlebt haben, bevor man sich ein «best of» heraussucht.
Pontifikalämter – der Superbowl der Eucharistie
Wenn nicht ein einfacher Priester, sondern der Bischof den Gottesdienst leitet, spricht man von einem Pontifikalamt. Das ist im Grunde eine normale Messe mit ein paar zusätzlichen Riten. So geht der Bischof bereits beim Einzug segnend durch die Reihen, er hat manchmal eine Mütze auf (Mitra) und einen Stab in der Hand, unter der Mütze hat er ein violettes Käppi (Piläulus) und kann noch ein paar zusätzliche Sprüche («Gepriesen sei der Name des Herrn» mit Deiner Antwort: «Der Himmel und Erde erschaffen hat!»). Ein Pontifikalamt ist die Vollform der Messe (der Priester feiert die Messe immer nur anstelle des Bischofs; denn der Bischof ist der legitime Nachfolger der Apostel, der Priester ist im Grunde nur ein «Hilfsbischof»).
Fettnäpfchen? Keine Gefahr. Die meisten Fehler macht der Bischof selbst – oder die Messdiener, die Stab, Mitra und sonst was halten müssen.
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