Für Anfänger und Wiedereinsteiger

Trotz aller Kirchenkritik und Ablehnung der Institution «Kirche» fühlen sich immer wieder Menschen von der katholischen Liturgie angezogen. Entweder als absolute Neulinge (manche noch nicht getauft) oder als «Heimkehrer», die oft über Jahre nur stille «finanzielle Teilhaber» der Kirche gewesen sind, stehen diese nun dem katholischen Zeichen- und Feier-Reichtum fasziniert, aber in der Mitfeier oft hilflos gegenüber. Damit diese nicht aus Angst, sich zu blamieren, vor der Kirchentür kehrt machen, habe ich diese Einführung in das größte der katholischen Mysterien verfasst: Die Heilige Messe.
Diese erste Begegnung mit der Eucharistiefeier (so der theologische Name für «Messe») soll hier durch ein paar praktische und tiefer führende Ratschläge erleichtert werden. Diese Seite kann aber nicht die Mitfeier selbst ersetzen – und vor allem nicht das persönliche Gespräch mit einem glaubenden und praktizierenden Katholiken, den man sich bei ernsterem Interesse als «Pate» erwählen sollte. Aber vielleicht eröffnen die folgenden Hinweise einen ersten Zugang, bewahren vor Peinlichkeiten und wecken Appetit auf mehr.

Der Beginn der Messe: Wir stehen auf.

Zu Beginn des Gottesdienstes erhebt sich die Gemeinde – ein Zeichen für Respekt vor dem Priester, der im Gottesdienst seiner wichtigsten Berufung nachkommt: Zeichen für die Gegenwart Gottes zu sein. Denn eigentlich ist die Messe ein Geschehen zwischen Gott, dem Sohn und Gott, dem Vater – im Heiligen Geist.
Der Gottesdienst beginnt mit dem ersten Lied. Gott mag Menschen, die singen.

Begrüßung

Der Priester beginnt den Gottesdienst mit einer Kniebeuge und damit, dass er den Altar küsst (ja, auch Priester küssen gern!). Nachdem das erste Lied verklungen ist, beginnt er, zusammen mit der Gemeinde und Dir, mit dem Kreuzzeichen, das zwar alle als Geste mitmachen, aber nur der Priester spricht dazu: «Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.» Das anschließende «Amen» sprechen aber alle gemeinsam.
Dann sagt der Priester «Guten Tag». Natürlich nicht wörtlich, sondern er greift auf eine der frühesten christlichen Begrüßungen zurück: «Der Herr sei mit Euch!», wir antworten: «und mit Deinem Geiste».
In anderen Sprachen lautet der Begrüßungsdialog: «Der Herr sei mit Euch» – «Und auch mit Dir». Die deutsche Version meint das Gleiche: «Und mit Deinem Geiste» soll ausdrücken, dass der Herr auch im Geiste mit dem Priester sein soll. Okay, das ist etwas umständlich formuliert, dafür aber nahe am lateinischen Original «et cum spiritum tuum».
Danach kann es sein, dass der Priester ein paar persönliche Gedanken dem Gottesdienst voranstellt. Wenn es ein rhetorisch geschulter Priester ist, sind es nur drei Sätze. Sich kurz zu fassen ist eine Kunst.

Das Kyrie

Um wirklich alles hinter uns zu lassen, was uns an der Begegnung mit Gott hindert, bitten wir nun Gott um Verzeihung. Das kann im «Allgemeinen Schuldbekenntnis» geschehen, dem der Priester eine Vergebungsbitte anschließt.
Danach betet der Priester mit der Gemeinde zusammen um das Erbarmen Gottes. Entweder auf griechisch «Kyrie eleison, Christe eleison, Kyrie eleison» oder auf deutsch «Herr erbarme Dich (unser), Christus erbarme Dich (unser), Herr erbarme Dich (unser)». Die Gemeinde schließt sich dieser Bitte an, indem sie das «Kyrie» oder «Herr, erbarme Dich» jeweils wiederholt.
Dieser Ritus stammt aus dem weltlichen Bereich: Immer, wenn ein Herrscher (z.B. der Kaiser) Einzug in ein Dorf oder eine Stadt hielt, stand die Menschenmenge am Straßenrand und huldigte dem Kaiser. Ein Marschall rief immer wieder die Großtaten des Kaisers aus («Er besiegte die schrecklichen Normannen!»), und die Leute jubelten («Herr, erbarme Dich!») und hofften in aller Bescheidenheit auf eine weiter Großtat des Kaisers; zum Beispiel darauf, dass er ein paar Geldmünzen in die Menge warf (so entstanden vermutlich die Karnevalszüge am Rhein).
Somit ist das «Kyrie» zunächst ein Lobgesang auf die Großtaten Gottes (und kein Schuldbekenntnis mehr, das haben wir bereits gesprochen), wir hoffen allerdings nicht darauf, dass Gott – oder der Priester – Geld oder Kamelle in die Menge wirft, sondern uns seine Gnade erweist, die Schuld vergibt und uns mit Freude erfüllt.

Gloria

Sonntags (außer in der Fasten- und Adventszeit) und an besonderen Festtagen wird anschließend das Gloria gebetet oder auch ein Gloria-Lied gesungen.
Das Gloria ist ein Lobgesang – übrigens sehr biblisch (es setzt sich aus unterschiedlichen Bibelstellen und frühchristlichen Rufen zusammen). Damit beginnt der eigentliche «Gottesdienst»; wir sind nun ganz bei Gott und finden unsere Freude darin, IHN zu loben. Das tut wirklich gut – bei Gott zu sein ist wie ein Kurzurlaub.

Tagesgebet – Oration

Danach betet der Priester das sogenannte «Tagesgebet», das so heißt, weil es in allen Gottesdiensten des Tages (also z.B. in der Laudes, der Vesper, der Messe und z.T. auch in Andachten) gleich bleibt. Er beginnt mit der Einladung «Lasset uns beten» (oder auf Latein «Oremus»). Das ist als Einladung zum persönlichen Gebet gedacht – ein guter Priester lässt Dir dazu Gelegenheit, indem er nach der Gebetseinladung etwas Stille hält. Dann fasst er die persönlichen Gebete der Gemeinde im Tagesgebet zusammen. Er schließt das Gebet mit einer Formel ab, die ungefähr so lautet: «Darum bitten wir durch unseren Herrn Jesus Christus, der in der Einheit mit dem Heiligen Geist mit Dir lebt und herrscht in alle Ewigkeit.» (Der genau Wortlaut kann variieren). Die Gemeinde schließt sich diesem Gebet an und fügt das «Amen» hinzu.
Das Tagesgebet wird auch «Collectio» genannt – es sammelt alle Gedanken und Anliegen der Mitfeiernden und fasst sie zusammen. Dabei spricht der Priester das Gebet als Vertreter der Gemeinde, er bringt zudem die Anliegen des Volkes als Platzhalter Christi vor dem Vater. Jetzt sind wir und unsere Sorgen gut aufgehoben – und wir können uns daher setzen.

Der Wortgottesdienst – Wir setzen uns.

Hiernach werden die Lesungen vorgetragen (Sonntags zwei, am Werktag eine). Am Ende der Lesung spricht der Vorlesende (meistens nicht der Priester selbst, sondern ein Lektor oder eine Lektorin): «Dies sind heilige Worte!» oder «Wort des lebendigen Gottes!». Die Gemeinde bedankt sich dafür, dass Gott das Wort an uns richtet, indem sie gemeinsam spricht: «Dank sei Gott, dem Herrn.»
Zwischen den Lesungen kann ein Lied gesungen werden, ein Psalm oder ähnliches.
Das Hinhören auf das Wort Gottes ist ein Bild des Glaubens: Glauben heißt Hören; Vertrauen besteht vor allem darin, sich auf Gottes Wort zu verlassen. Wir müssen dabei nicht alles verstehen (manche Lesungen sind wirklich nicht leicht zu verstehen). Frere Roger aus Taize hat einmal gesagt: «Lebe jeden Tag soviel vom Evangelium, wie Du verstanden hast». Das gilt auch für die Lesungen.
Am Sonntag stammt eine Lesung aus dem Alten Testament und die zweite aus dem Neuen Testament (außer in der Osterzeit, da wird nur aus dem Neuen Testament gelesen). Damit soll deutlich werden, dass auch die Erfahrungen der biblischen Menschen für uns von Bedeutung sind – wenn auch das Evangelium, das danach folgt, für uns Christen eine ganze besondere Bedeutung hat (und deshalb niemals weggelassen werden darf), weil dort Jesus selbst zu uns spricht.

Das Evangelium – Wir stehen.

Der Höhepunkt des Wortgottesdienstes ist die Verkündigung des Evangeliums. Dieses wird (normalerweise) eingeleitet durch das Halleluja (zu dem sich die Gemeinde erhebt). Danach spricht der Priester (oder der Diakon): «Der Herr sei mit Euch» – und wir antworten (wie schon zu Beginn der Messe): «… und mit Deinem Geiste». Daraufhin kündigt der Priester an, aus welchem der vier Evangelien der heutige Abschnitt vorgetragen wird: «Aus dem heiligen Evangelium nach (Lukas bspw.)», worauf die Gemeinde antwortet: «Ehre sei Dir, o Herr!»
Während dieses kurzen Dialoges machen wir (beginnend, wenn das Wort «Evangelium» gesprochen wird) drei kleine Kreuzzeichen mit dem Daumen auf die Stirn, den Mund und das Herz: «Gutes Denken» – «Gutes Reden» – «Gutes wollen» kann das bedeuten, oder aber auch: Wir wollen das Evangelium «bedenken» (Stirn), «verkünden» (Mund) und «erwägen» (Herz).
Das Evangelium ist nicht nur ein Bericht über das Tun Jesu. Wir glauben, dass in der Verkündigung durch den Priester (oder Diakon) Jesus selbst zu uns spricht. Deshalb wird das Evangelium sehr feierlich vorgetragen – manchmal mit Leuchtern links und rechts und Weihrauch – und wir antworten am Schluss, wenn der Priester sagt: «Evangelium unseres Herrn Jesus Christus» mit: «Lob sei Dir, Christus».
Das Evangelium wird nicht vorgelesen, sondern verkündigt. Es handelt sich also nicht um eine Information («Aufpassen! Merkt Euch gut das Folgende…!»). Wir feiern das Evangelium, weil wir uns schlicht darüber freuen, dass Gott überhaupt in Jesus zu uns gesprochen hat (ein unsagbarer Schatz!), wir glauben aber auch, dass Gott im Augenblick der Verkündigung des Evangeliums etwas für mich zu sagen hat.

Die Predigt – Wir setzen uns.

Im Anschluss an das Evangelium wird die Verkündigung fortgesetzt – in der Predigt. Dazu setzen wir uns. Die Predigt ist keine persönliche Auslegung des Evangeliums, sondern fortgesetzte Verkündigung der Kirche. Deshalb darf das nur der Priester (oder der Bischof oder ein Diakon). In der Predigt führt der Priester den zweiten Auftrag seiner Weihe aus: Christus den Lehrer, Rabbi und Meister darzustellen.
Entgegen dem gefühlten Erleben: Die Predigt ist nicht das Wichtigste der Messe. Ein Nickerchen an dieser Stelle ist allerdings nicht Pflicht.

Das Glaubensbekenntnis – Wir stehen.

Nach der Predigt wird das Glaubensbekenntnis gesprochen (nicht an Werktagen) – grundsätzlich immer von allen gemeinsam (die zwei Versionen des Glaubensbekenntnis – auch «Credo» genannt – findest Du wiederum hier). Manchmal wird das Glaubensbekenntnis auch durch ein Lied ersetzt.
Das Glaubensbekenntnis ist ein Gebet – auch wenn dort keine einzige Bitte genannt wird. Wir freuen uns an Gott und zählen alles auf, was wir von Gott glauben – das verbindet uns untereinander und mit Gott. Das ist so ähnlich wie zwei Verliebte, die einander bekennen, was sie am anderen so liebenswert finden. Das Credo ist also kein Parteiprogramm, sondern eine Liebeserklärung.

Fürbitten

Nach dem Glaubensbekenntnis folgen die Fürbitten, die meist von einem Laien vorgetragen werden. Die Antworten auf jede Bitte, die auch von der ganzen Gemeinde gesprochen werden, sind unterschiedlich. Zum Beispiel können alle antworten «Wir bitten Dich, erhöre uns» – oder der Priester spricht: «Christus, höre uns» und die Gemeinde antwortet: «Christus, erhöre uns» – Hierzu gibt es regional unterschiedliche Bräuche.
Die Fürbitten sind das «Gebet des Volkes». Eigentlich darf hier jeder eine Bitte laut in die Kirche rufen – leider ist das heute nicht mehr üblich (also, bitte nicht tun). Nur selten gibt es in kleinen Gottesdiensten den Brauch der «freien Fürbitten». Eigentlich Schade.
Es hindert Dich aber niemand, in diesem Augenblick alle mit in Dein Gebet einzuschließen, die Dir einfallen. Auf die Fürbitten hinzuhören ist aber auch sinnvoll: Die Anliegen der Fürbitten erweitern vielleicht den Horizontes Deines Gebetes.

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