Im März 2021 antwortete die römische Glaubenskongregation auf eine eingereichte dubia (eine Anfrage zur Klärung), ob es erlaubt sei, homosexuelle Paare zu segnen. Die Ablehnung solcher Segnungen durch die vatikanische Behörde (mit ausdrücklicher Zustimmung von Papst Franziskus) führte zu zahlreichen Protesten und Unmutsbekundungen auch in Deutschland. Was ist von dieser Entscheidung und der Reaktion vieler deutscher Katholiken zu halten?
Eine zu erwartende Antwort aus dem Vatikan
Auf der einen Seite ist die Stellungnahme der römischen Glaubenskongregation zur Frage der Segnung homosexueller Beziehungen keine Überraschung; im Gegenteil wäre jede andere Antwort eine Sensation gewesen. Aber auf der anderen Seite kann ich den Unmut verstehen, der sich in unseren Gemeinden, Vereinen und auch bei vielen Seelsorgern bemerkbar gemacht.
Denn die Frage, ob wir homosexuelle Beziehungen segnen dürfen, lässt sich nicht isoliert beantworten. Im Hintergrund stehen mindestens drei, vier weitere große Themen, die aber nur selten – oder gar nicht diskutiert werden. Weil sich viele Theologen, Priester und Lehrer über Jahrzehnte nicht an diese verborgenen Themen herangetraut haben (und an die Lehre der Kirche, die dazu gehört), können wir die Position der Kirche nicht mehr nachvollziehen. Und da ich ganz entschieden dafür bin, dass wir unseren Glauben auch verstehen sollten, wundert mich nicht der Widerstand, wenn eine Entscheidung aus Rom wie vom Himmel gefallen erscheint.
Wichtig: Menschen dürfen immer gesegnet werden. Ohne Ausnahme.
Schauen wir auf die Erklärung aus Rom, so ist sie mit der beigefügten Erläuterung schon bemüht, ihre Auskunft über die kirchliche Lehre verständlich zu machen. Denn es heißt dort an erster Stelle, dass selbstverständlich alle Menschen gesegnet werden können, ohne Ausnahme. Auch Homosexuelle. Die Verneinung einer Segnung bezieht sich also nicht auf die Menschen, sondern auf Beziehungen zwischen Menschen. Ich denke, wir sind uns einig, dass es auch Beziehungen gibt, die wir nicht segnen sollten – zum Beispiel ausbeuterische Beziehungen oder Beziehungen, in denen es an Freiwilligkeit mangelt. Warum zählt Rom nun homosexuelle Beziehung auch zu den Beziehungen, die nicht gesegnet werden können?
Sexuelle Beziehungen außerhalb der Ehe
Der Vatikan nennt eine erste Begründung: Wenn zwischen zwei homosexuellen Partnern eine sexuelle Beziehung gesegnet werden soll, so ist das abzulehnen, weil die Sexualität allein der Ehe vorbehalten ist. Dazu ist – zumindest kurz – anzumerken, dass dahinter die Erkenntnis steht, dass die gelebte Sexualität die Ehe begründet. Es geht also nicht darum, dass man aus reinem Brauchtum «keinen Sex außerhalb der Ehe haben sollte»; sondern um die Überzeugung, dass die gelebte Sexualität so gemeint ist, dass sie immer ein eheliches Verhältnis begründen soll.
Aber diese Begründung hilft noch nicht wirklich. Denn manche homosexuelle Paare wollen ja ihre Sexualität gar nicht außerhalb der Ehe leben, im Gegenteil, sie möchten gerne auch kirchlich heiraten. Und deshalb müssen wir noch etwas tiefer fragen: Warum glaubt denn die Kirche, dass eine Ehe immer nur die auf Dauer ausgerichtete Lebensgemeinschaft eines Mannes und einer Frau sein soll?
Ehe nur zwischen Mann und Frau?
Das ist jetzt noch einmal schwieriger zu beantworten – und so verwundert es nicht, wenn viele von uns an dieser Stelle sprachlos werden. Auch hier hat die Antwort ihre Wurzeln in einem noch tiefer liegenden Thema: Was bedeutet es, eine Frau / ein Mann zu sein? Ist das Geschlecht nur ein körperlicher Aspekt, der korrigiert werden könnte – oder hat es gar nichts mit dem Körper zu tun?
Was ist ein Mann? Was ist eine Frau?
Und an dieser Stelle bin ich auch überfordert, eine Antwort in diesem Rahmen zu geben. Ich kann nur andeuten, was die christliche Auffassung ist. Nämlich, dass jede Ehe von der biologischen Polarität lebt, zudem nur so Fruchtbarkeit entsteht; aber vor allem, dass Mann und Frau sich bis in ihre Seele hinein wesentlich voneinander unterscheiden; dass aber dieser Unterschied nicht in ihrer Würde, ihrem Personsein, in ihrer Gottebenbildlichkeit und auch nicht in bestimmten Eigenschaften besteht. Es ist so ähnlich wie bei Gottvater und Jesus: Sie sind beide Gott, absolut gleich an Würde und Herrlichkeit. Und doch ist der Vater nicht der Sohn und der Sohn nicht der Vater.
Und da es immer schon christliche Überzeugung ist, dass die Menschen, die Gott füreinander und zu Eltern bestimmt, Abbild Gottes sind («Gott erschuf den Menschen als sein Bild, als Bild Gottes erschuf er ihn. Männlich und weiblich erschuf er sie.» Gen 1,27), gehört diese tiefgehende Unterschiedlichkeit von Mann und Frau zu den großen Herausforderungen, aber auch zum Wesenskern und zur Großartigkeit einer jeden Ehe.
Es ist gut, Freunde zu haben, Freundinnen, Kumpel oder Vertraute. Eine Ehe besteht aber nur in der nicht auflösbaren Polarität von Mann und Frau. Beziehungen, die zugleich sexuell sein wollen, aber in diesem Sinne keine Ehe sind, können wir nicht segnen.
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