Opfer: Mehr, als wir verstehen
Zuletzt möchte ich mich noch einer oft verpönten Art des Gebets widmen, die oft als eine Art «Gebetsverstärker« missverstanden wird: Das Opfern.
Ganz am Anfang haben wir davon gesprochen, dass Menschen, die nicht so ganz von der Güte Gottes überzeugt sind, zu diesem Mittel greifen, um Gott zu zwingen. Sie bringen zusätzlich zu ihrem Gebet noch Opfer, in der Hoffnung, Gott so zu beeinflussen («Wenn du meinen Wunsch erfüllst, spende ich 10.000 Euro an arme Kinder!»), eventuell einen Handeln zustande zu bekommen («Du rettest meine Firma – und ich rette einen insolventen Kindergarten, okay?») oder gar Gott zu erpressen («Wenn du meinen Wunsch nicht erfüllst, trete ich aus der Kirche aus!»). – Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Das geht natürlich gar nicht. Wir sollen Gott lieben – und Liebe feilscht nicht und lässt sich nicht bezahlen.
Aber nicht jedes Opfer, das jemand bringt, ist ein Handel oder ein Erpressungsversuch. Im Gegenteil. In unserer Zeit und unserer Gegend reagieren gerade moderne Christen zwar allergisch auf diesen Begriff; sie verleugnen damit aber das große Geschenk, das mit dem Opfergedanken verbunden ist. Sie vergessen, dass Gebet immer ein Opfer ist – ein Abgeben. Und zwar mit Leib und Seele.
Das macht letztlich unsere menschliche Existenz aus: Dass wir leib-seelische Geschöpfe sind. Schon allein, wenn wir beim Gebet die Hände falten, die Augen schließen oder vielleicht in die Knie gehen: Wir beten auch mit unserem Leib. Andere zünden eine Kerze an – als Ausdruck ihres Betens. Wieder andere fasten (was Jesus uns ausdrücklich empfiehlt: Mk 9,28; so auch in Apg 14,23) oder unterstreichen ihr Gebet mit zusätzlichem Verzicht.
Als Ausdruck meines Betens ist das gut. Gefährlich wird das erst, wenn ich den abwegigen Gedanken habe, Gott würde erst dann meine Bitten erhören, wenn ich eine bestimmte Anzahl an Kniebeugen, Fastentagen oder Opfern bringe. Dann ist aber mein Gottesbild verzerrt – das Fasten, Opfern und Beten mit Leib und Seele bleibt dennoch gut.
Letztlich tritt das Gebet (und damit verbunden das Opfern, Fasten und Verzichten) stellvertretend an die Stelle meiner Sorge – weil es Ausdruck meiner Liebe ist. Gott mag den Gedanken der Stellvertretung – er hat ihn quasi erfunden. Lassen wir nicht zu, dass uns dieser Schatz ausgeredet wird; bemühen wir uns aber auch, ihn nicht zu verlieren, indem wir den äußerlichen Formen mehr Aufmerksamkeit schenken als dem, worauf es im Gebet wirklich ankommt: Auf meine Liebe – und den, dem diese Liebe gebührt. Gott.
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