Wir Christen glauben an den Dreifaltigen Gott – den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist. Und trotzdem fangen wahrscheinlich 90% aller Gebet mit «Gott, unser Vater…» an. Warum beten wir so wenig zu Jesus und zum Heiligen Geist?
Ja, diese Frage wird noch drängender, weil nicht nur unser Gebet, sondern auch unser Reden von «Gott, dem Vater» zu stündigen theologischen Verwirrungen führt…: Denn wenn Gott der Vater ist – wer ist dann Jesus? Ist Jesus nicht auch Gott? Ist Gott sein eigener Vater? Und welche Rolle spielt in diesem Wirrwarr der Heilige Geist? Ein dritter Gott? Oder doch nur einer? Aber wer ist denn nun dieser eine Gott?
Wir haben es schon in einem anderen Artikel empfohlen, präziser von Gott zu reden: Gott ist nicht einfach nur Vater. Gott ist Vater, Sohn und Geist! Wir sollen also im gleichen Maße wie von »Gott, dem Vater« auch von »Gott, dem Sohn« und »Gott, dem Heiligen Geist« sprechen.
Nun mag die Korrektur unserer Gottesanrede mit »Vater« zwar theologisch gerechtfertigt sein, aber Jesus hat uns eben ein anderes Gebet gelehrt. »Wenn ihr betet, dann sprecht: Unser Vater« – und in der Kirche gilt: »lex orandi, lex credendi« – was wir beten, das glauben wir auch.
Also – was denn jetzt?
Wir müssen also unterscheiden: Solange wir unseren Glauben rechtfertigen und zu Nicht-Christen sprechen, ist es wichtig, Gott nicht ausschließlich mit dem Vater zu identifizieren, sondern den Sohn und den Geist mitzuerwähnen.
Aber für unsere christliche Existenz rückt der Vater in das Zentrum des Gebetes und der Liturgie (das Hochgebet in der Hl. Messe ist beispielsweise ausschließlich an den Vater gerichtet). Aus einem einfachen Grund: Wir treten in die göttliche Familie – in die Dreifaltigkeit – indem wir den Platz des Sohnes einnehmen.
In der Taufe werden wir »Kinder Gottes«, so wie Jesus der Sohn Gottes ist. Wir werden auf den Tod und die Auferstehung Jesu getauft und damit »Christus gleichgestaltet«. Nun können wir – wie Jesus – zum Vater reden; denn wir sind jetzt selbst »Söhne«.
An dieser Stelle ist es sinnvoll, einen kleinen Ausflug in die sogenannte Reform der »inklusiven Sprache« zu machen. In den letzten Jahren wurden viele liturgische Texte daraufhin untersucht und korrigiert, ob sie nur männliche Adressaten haben (indem wir z. B. immer nur von den »Brüdern« sprechen und dabei die »Schwestern« vergessen).
Was für »Brüder und Schwestern« richtig sein mag, lässt sich nicht so ohne weiteres auf die »Söhne und Töchter« Gottes übertragen. Denn wir sind zunächst Kinder Gottes durch den Sohn Jesus Christus; wir treten an seine Stelle und werden ihm gleich – egal, ob wir Männer oder Frauen sind.
Wenn wir also das (zugegebenermaßen augenfällige) Ärgernis belassen, von uns als den »Söhnen Gottes« zu sprechen, erinnert uns das daran, dass wir alleine durch Christus und durch die Taufe auf ihn in die Dreifaltigkeit aufgenommen worden sind.
Für die »Außenansicht« ist es also wichtig, von Gott nicht nur als Vater zu sprechen. Für unsere christliche »Innenansicht« ist es dagegen gerade die besondere Gnade, Gott »Vater« nennen zu dürfen.
Der Heilige Geist – Der V-Mann Gottes
Wenn wir also wie Christus werden und dann zum Vater beten – wo bleibt denn da der Geist? Warum vergessen wir ihn so oft?
Nun, der Geist ist derjenige, der bewirkt, dass wir wie Christus werden. Und weil er derjenige ist, der in uns wirkt, vergessen oder übersehen wir ihn leicht. Er ist uns so nahe, wie wir uns selbst oft nicht sind. So ähnlich, wie man die Kleidung, die man am Körper trägt, nach einer gewissen Zeit nicht mehr spürt, weil man sich daran gewöhnt hat (es sei denn, sie passt nicht).
Da der Heilige Geist aber sehr wohl »passt«, d. h. sich ganz auf unser Wesen einstellt, auf unser Können und Nicht-Können, und zudem sehr höflich ist und nichts gegen unser Wollen unternimmt, ist er so eine Art »undercover agent«. Zu dieser Rolle als V-Mann (Verbindungsgarant) lohnt sich eine eigene Katechese: Die zum Heiligen Geist.
Aber auch, wenn der Heilige Geist sich nicht so sehr daran stört, dass er oft vergessen wird, sollten wir ihm mehr Aufmerksamkeit schenken. Zwar ist gerade das »Unerkannte« seine Art der Nähe; zudem gibt es in der Dreifaltigkeit keinen Neid. Aber uns tut es gut, sich das Wirken das Geistes des öfteren vor Augen zu halten.
Denn sehr schnell beschleicht uns in Leidsituationen das Gefühl, von allen guten Geistern verlassen zu sein – auch von Gott und Seinem guten Geist. Dann klagen wir, dass wir Gott gar nicht mehr spüren. Dass sich eine Kälte in uns ausbreitet, dass wir Sein Licht nicht mehr sehen – und Ähnliches.
Dann tut es gut, sich daran zu erinnern, dass der Geist Gottes großen Wert darauf legt, dass er nicht spürbar weht – sondern ganz leise und fast unhörbar. Und dann ist es auch ein hilfreicher Gedanke, dass wir die Kälte und geistige Windstille nur deshalb spüren, weil Gott uns immer noch einen Sinn für IHN gibt.
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