Die Bedeutung der Auferstehung Jesu
Immer gut: Begriffe sortieren
Wenn wir unsere Sprache benutzen, wissen wir, was wir damit ausdrücken wollen – und denken wenig darüber nach, ob andere (vor allem andere Menschen aus anderen Kulturen oder anderen geschichtlichen Epochen) denn dasselbe meinen, wenn sie das gleiche Wort verwenden. Gerade das ist aber hier nicht der Fall.
So heißt es zum Beispiel, dass die Auferstehung Jesu vor allem deshalb ein göttliches Wunder ist, weil jemand, der tot ist, nicht mehr wirken kann. Andere zum Leben erwecken – das mag angehen. Aber wenn man selber nicht mehr existiert, kann man auch keine Wunder mehr vollbringen.
Stillschweigend gehen wir in diesem Gedanken davon aus, dass «Tot-sein» gleichbedeutend ist mit «nicht-existieren». Und «Auferstehung» meint dann, dass jemand, der aufgehört hat, «da zu sein», genau das wieder ist: Er ist «zurück». In diesem verflachtem, modernem Sinn ist «Tod» nichts anderes als «Nicht-sein» und «Leben nach dem Tod» gleichbedeutend mit «Auferstehung». Mit einem solchen Begriffschaos können allerdings wir weder den biblischen Berichten noch der Wirklichkeit gerecht werden.
Wir definieren «Tod».
Der Gedanke, ein Mensch, der gestorben ist, sei nicht mehr existent, war für die meisten Menschen früherer Zeiten vollkommen abwegig. Ein Verstorbener ist im Himmel, in der Unterwelt, im Nirwana, ein Schatten oder ein substanzloser Geist oder hat sich zu den Vätern versammelt. Aber die Idee, ein Mensch würde mit dem Tod einfach so verschwinden, ist eindeutig eine moderne Vorstellung. Über Jahrhunderte war klar, dass «Tod» nichts anderes als der Augenblick ist, in dem sich Leib und Seele trennen. Dass die Seele weiter existiert, war für fast alle Menschen vollkommen außer Frage. Nur die Vorstellung, wie die Seele existiert (und wo), ist von Kultur zu Kultur und Epoche zu Epoche unterschiedlich. Mit der überlieferten und allgemeinen Auffassung definieren wir also: Tod ist die Trennung von Leib und Seele. (Der Tod, das ist nicht irgendetwas, das zur Trennung von Leib und Seele führt oder sich daran anschließt). Die Seele existiert (natürlich) anschließend weiter.
Wir definieren «Auferstehung».
Das Christentum hat also mit dem Glauben an die Auferstehung nicht das Weiterleben der Seele verkündet. Das wäre für die damaligen Menschen nichts Neues gewesen; das war eher eine Alltagsweisheit. Das absolut Überraschende und schwer zu Glaubende ist also nicht das Weiterleben (im Englischen: The «Afterlive»), sondern die Wiedervereinigung mit dem Leib. Das meint Auferstehung!
Eine seltene Ausnahme bildeten zur Zeit Jesu die Sadduzäer, die weder an Auferstehung noch an ein Weiterleben der Seele glaubten (Mt 22,23). Aber sie waren schon damals eine Sondergruppe – und eine kleine Minderheit.
Das lässt auch den «ungläubigen Thomas» anders dastehen. Er dürfte nicht bezweifelt haben, dass die Apostel nach dem Tod Jesu eine Begegnung mit dem Herrn hatten. Aber doch nicht als (leiblich) Auferstandenen! An eine leibliche Auferstehung glaubt Thomas erst, als er die Wunden Jesu berührt. Damit wird dem Leser deutlich gemacht, dass dem Thomas eben nicht von einer Jesus-Vision erzählt wurde (die kann man durch Berührung weder widerlegen noch bestätigen). Vielmehr muss die Begegnung der Jünger mit Jesus wohl ziemlich handfest gewesen sein.
Tatsächlich glaubten die Apostel bei der ersten Erscheinung an einen Geist (so, wie sie Jesus auf dem Wasser schon für einen Geist gehalten haben – Mt 14,26). Auch als er sie mit Worten vom Gegenteil überzeugen sucht («Fasst mich doch an und begreift: Kein Geist hat Fleisch und Knochen, wie ihr es bei mir seht.» – Lk 24,39), fruchtet es zunächst nichts. Erst, als er vor ihren Augen einen Fisch isst, begreifen sie die Auferstehungswirklichkeit – Lk 24,42f). Die Apostel waren also gar nicht soviel gläubiger als Thomas.
Wir definieren «Leben».
Wichtig ist infolge dieser Begriffsklärung, «Leben» und «lebendig» immer im genauen Gegensinn von «tot» zu verstehen. Ein menschlicher Geist ohne Leib ist in dieser Welt nicht «lebendig», sondern tot. Mag er auch noch soviel (übernatürliche oder okkulte) Kommunikation betreiben – er bleibt in dieser Welt tot. Wenn dagegen von jemandem berichtet wird, er «sei nicht (mehr) tot, sondern lebe!», dann schließt das eine leibliche Existenz ein. Eine geistige Erscheinung eines Verstorbenen neben dessen Leichnam würde nicht zur Behauptung führen, der Verstorbene sei nicht tot. Denn der Leichnam bleibt unbeseelt, seelenlos oder eben leblos. Vielmehr würde man nach einer solchen Erscheinung sagen, dass der Verstorbene zwar in einer anderen Welt lebt und existiert und (für einen Moment) in dieser Welt sichtbar war; ohne Leib bleibt er jedoch in dieser Welt «tot».
So gibt es immer wieder amüsante Dialoge in Spielfilmen, die im Jenseits spielen oder Verstorbene in Auseinandersetzung mit dieser Welt darstellen (z.B. in «Ghost – Nachrichten von Sam» oder auch in Harry Potter mit den Gespenstern und Geistern, allen voran Peeves und der «kopflose Nick»), in denen die Verstorbenen daran erinnert werden müssen, dass sie doch schon tot sind: «Du kannst das nicht. Du bist tot. Schon vergessen?« bis hin zur bedingt tröstlichen Aussage «Hab keine Angst, du kannst nicht mehr sterben. Du bist doch schon tot.»
Natürlich ist unser Sprachgebrauch nicht immer eindeutig. Auch nicht in der Bibel – vor allem, wenn wir verschiedene biblische Bücher betrachten, die mehr als 1000 Jahre Entstehungszeit trennt. Aber für die Menschen zur Zeit Jesu bis in die Neuzeit wäre die Reduzierung der Begriffe eine Reduzierung der Wirklichkeit gewesen: Eine Existenz nach dem Tod ist das eine; Auferstehung etwas ganz anderes.
Mit dieser wichtigen Unterscheidung haben wir ein mächtiges Werkzeug, die Grundlage unseres Glaubens – die Auferstehung Jesu – neu zu begreifen.
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