Für Anfänger oder Wiedereinsteiger
Trotz aller Kirchenkritik und Ablehnung der Institution «Kirche» fühlen sich immer wieder Menschen von der katholischen Liturgie angezogen. Entweder als absolute Neulinge (manche noch nicht getauft) oder als «Heimkehrer», die oft über Jahre nur stille «finanzielle Teilhaber» der Kirche gewesen sind, stehen diese nun dem katholischen Zeichen- und Feier-Reichtum fasziniert, aber in der Mitfeier oft hilflos gegenüber. Damit diese nicht aus Angst, sich zu blamieren, vor der Kirchentür kehrt machen, habe ich diese Einführung in das größte der katholischen Mysterien verfasst: Die Heilige Messe.
Diese erste Begegnung mit der Eucharistiefeier (so der theologische Name für «Messe») soll hier durch ein paar praktische und tiefer führende Ratschläge erleichtert werden. Diese Seite kann aber nicht die Mitfeier selbst ersetzen – und vor allem nicht das persönliche Gespräch mit einem glaubenden und praktizierenden Katholiken, den man sich bei ernsterem Interesse als «Pate» erwählen sollte. Aber vielleicht eröffnen die folgenden Hinweise einen ersten Zugang, bewahren vor Peinlichkeiten und wecken Appetit auf mehr.
Vor dem Betreten der Kirche
Das Gebäude
Bevor wir die Kirche betreten, ist ein Blick auf das Äußere der Kirche sinnvoll. Eingangstür und Turm deuten an, dass wir nun einen besonderen Bereich dieser Welt betreten – der oft erhebende Eindruck, den eine Kirche hinterlässt, ist gewünscht. Man betritt eine Kirche anders als ein Museum oder ein Kaufhaus – vor allem ist die innere Haltung eine andere.
In barocken Kirchen haben die Baukünstler versucht, den Eindruck zu erzeugen, dass Du mit dem Betreten der Kirche eine Art «Vor-Himmel» erlebst. Und das ist schon ganz richtig: Himmel ist immer dort, wo Menschen und Gott zusammenfinden. Katholische Kirchen sind nicht nur Versammlungsräume, sondern Orte der Gegenwart Gottes.
Die Kleidung
Vor den großen römischen Kirchen stehen (fast wie die Security-Leute vor den Diskotheken) finster aussehende Menschen, die darauf achten, dass die Besucher der Kirche eine entsprechende Kleidung tragen. Aber während in anderen Religionen spezielle Vorschriften beachtet werden müssen (in der jüdischen Synagoge z. B. dürfen Männer ohne Kopfbedeckung ebenso wenig hinein wie im Islam Männer mit Schuhen), gibt es für die christlichen Kirchen keine Sondervorschriften. Für eine christliche Kirche gilt lediglich eine angemessene, d. h. «züchtige» Kleidung.
In der römischen Kirche «Santa Maria Maggiore» kommentierte ein Mann, dessen Frau gebeten wurde, ein Tuch über ihre unbekleideten Schultern zu legen, diesen Wunsch mit «Die wollen, dass Gott Deinen Körper nicht sieht, dabei ist der doch so schön!»
Dieser Mann hat zum Teil recht: Gott kennt Deinen Körper und er findet ihn mit Sicherheit auch sehenswert und schön. Aber das gilt nicht unbedingt für die anderen Kirchenbesucher. Von einigen Ausnahmen abgesehen wollen sich die Besucher einer Kirche in Gedanken zu Gott erheben lassen und nicht durch den Anblick (mehr oder weniger) verführerischer Körper auf dumme Gedanken bringen lassen. Außerdem tut ein solcher Brauch auch Deinem inneren Fühlen und Deiner Haltung gut: In der Kirche begegnen wir Gott – ein Gedanke, der sogar den Propheten Elija dazu brachte, seinen Kopf in einen Mantel zu hüllen. (1 Kön 19, 13)
Essen, Trinken und Telefonieren
Das Zentrum der Kirche ist der Tabernakel (dazu im übernächsten Abschnitt mehr), in dem Gott in der Form des Brotes anwesend ist. Der Apostel Paulus hat sich schon 50 Jahre nach Christi Geburt über die geärgert, die diese besondere Speise nicht von alltäglichem Essen und Trinken unterscheiden konnten oder wollten (1 Kor 11, 22). Das sollten wir auch tun und deshalb unser Eis vor Betreten der Kirche verzehren, die Zigarette draußen aufrauchen, die Cola-Dose leeren und – eine Selbstverständlichkeit – das Handy ausschalten.
Es macht nicht viel Sinn, sein Handy stattdessen auf Vibration zu stellen. Den dann ankommenden Anruf kann man sowieso erst entgegen nehmen, wenn die Kirchentür hinter Dir ins Schloss gefallen ist. Dafür quer durch die Kirche zu rennen ist genauso unangemessen wie eine Nachricht zu schreiben. Außerdem: Gott benutzt selten das Handy, schalte also lieber Dein Herz auf Empfang. Da ist die Übertragungsqualität auch besser.
In der Kirche sollte man sich, wenn möglich, gar nicht unterhalten. Wenn es sich nicht vermeiden lässt, sprich höchstens im Flüsterton! Betende Menschen in der Kirche sind Dir dafür sehr dankbar.
Am Eingang der Kirche: das Weihwasser
In der Nähe der Kirchentüre ist in den allermeisten Kirchen ein (oder mehrere) Weihwasserbecken aufgestellt. Das soll uns an die Taufe erinnern. Wir tauchen zwei oder mehr Finger kurz in das Wasser und bekreuzigen uns damit.
Wer noch nicht getauft ist, kann natürlich dieses Zeichen auch vollziehen – aber es ist nicht besonders sinnvoll, sich an etwas erinnern zu wollen, das (hoffentlich) noch vor Dir liegt.
Ein schönes Zeichen ist es (wenn auch selten anzutreffen), wenn man zu Zweit oder zu Dritt in die Kirche kommt, die mit Weihwasser befeuchteten Finger auch den anderen Eintretenden zu reichen, bevor man selber das Kreuzzeichen macht. Das deutet an, dass wir einander zur «Quelle lebendigen Wassers» werden, wenn wir getauft sind.
Kniebeuge, Tabernakel und «Ewiges Licht»
Die Bekreuzigung mit Weihwasser ist normalerweise noch nicht mit einer Kniebeuge verbunden. Das tut man erst, wenn man einen direkten Blickkontakt zum «Tabernakel» hat. Dieses meist besonders hervorgehobene Schränkchen beinhaltet die gewandelten Hostien, von denen wir Katholiken glauben, dass sie Gott selbst sind.
Nicht immer fällt der Tabernakel sofort in den Blick. In großen Kirchen (vor allem in Bischofskirchen) befindet sich der Tabernakel manchmal auch in einer Seitenkapelle.
Das Auffinden des Tabernakels (was übersetzt soviel wie «Zelt» heißt und an das Bundeszelt im Alten Testament erinnert, in dem Gott anwesend war) wird durch ein Öllicht hinter rotem Glas angedeutet. Katholiken nennen dieses Licht auch das «Ewige Licht», weil es ununterbrochen, auch nachts, brennt. Lediglich an Karfreitag wird der Tabernakel geräumt und das Licht gelöscht (mehr dazu im Teil 4 der Messe-Erklärungen).
Vor einem Gottesdienst
Das Liederbuch («Gotteslob»)
Um beim Gottesdienst die angegebenen Lieder mitsingen zu können, sollte man stolzer Besitzer eines eigenen Liederbuches sein – das im katholischen Bereich «Gotteslob» heißt. Wer sich kein «Gotteslob» kaufen möchte, findet oft in der Nähe der Eingänge eine Anzahl dieser Gesangs- und Gebetbücher als kostenlosen «Leihservice». Aber nicht vergessen – nach dem Gottesdienst wieder zurücklegen!
In allen Diözesen Deutschlands und den angrenzenden deutschsprachigen Gebieten gibt es das Gotteslob als einheitliches Gesangbuch. Um aber auch den unterschiedlichen Traditionen in den Teilen Deutschlands gerecht zu werden, findet sich ab der Nummer 700 ein in jedem Bistum verschieden gestalteter Anhang. Falls Du also ein Gotteslob kaufst, achte auf den sogenannten «Bistums-Anhang».
Ich suche mir einen Platz
Am schönsten wäre es natürlich, wenn sich die Mitfeiernden alle möglichst vorne vor dem Altar in die Bänke setzen würden – vor allem, wenn die Kirche nicht vollständig besetzt ist (was z. B. bei Messen an den Werktagen die Regel ist). Aber wer sich noch nicht so gut auskennt, sollte sich eher ein Platz etwas weiter hinten suchen (gemäß dem Motto: «Die besten Plätze im Kino, im Krieg und in der Kirche sind hinten»). Da kann man sich auch am Verhalten (Stehen, Knien oder Sitzen) der anderen Mitfeiernden orientieren.
Die Plätze ganz hinten in der Kirche sind aber eher «Beobachterplätze», die deutlich machen, dass man mit dem Geschehen «davorne» nicht so viel zu tun haben möchte.
Es ist üblich, vor dem Betreten der Bank eine Kniebeuge in Richtung Altar zu machen. Kniebeuge? Das bedeutet: ein Knie berührt kurz den Boden. Ein so genannter «Knicks», bei dem man nur ein Knie etwas beugt, wirkt oberflächlich (und, finde ich, ein wenig lächerlich). Man kann auch während der Kniebeuge ein Kreuzzeichen machen.
Gebet vor der Messe (preparatio ad missam)
Es ist eine gute Gewohnheit, einige Minuten vor dem Gottesdienst in der Kirche zur Ruhe zu kommen. Immerhin ist das kommende Geschehen der Hl. Messe so ganz anders als das, was wir im Alltag erleben, dass es selten möglich ist, von einer Sekunde auf die andere «umzuschalten». Sich im Gebet die Gegenwart Gottes vor Augen zu halten, Sorgen und Termine in einer Warteschleife zu lotsen («so, liebe weltlichen Gedanken, hier könnt ihr euch eine Stunde ausruhen. Nahher bin ich wieder da – bis dann!») und das übliche leistungsorientierte Verhalten abzulegen (Hände falten heißt «Hände fesseln» – Nichts tun!). Alles das gelingt, wenn man sich z.B. einige Minuten hinkniet und dabei die Augen schließt. Vielleicht spielt ja schon die Orgel und übertönt den Lärm im Inneren Deines Kopfes – eine Wohltat (auch bei ungeübten Organisten)!
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