von Helmut Michels, Ibbenbüren

Eine gute Möglichkeit, mystagogisch in die Heilige Messe einzuführen (zu erklären und gleichzeitig zu erfahren), bietet sich, wenn die Feier der Messe durch einen Sprecher kommentiert wird. Hier finden sich beispielhafte Kommentare für den ersten Teil der Messe: Vom Einzug bis zum Gloria.

Eröffnung

Gottesdienstbeginn: Der Ort

Um den Sinn der Liturgie also soll es gehen, um das, was die äußere Form des Gottesdienstes bedeutet.

Wir können die Liturgie nicht verstehen, wenn wir den Raum nicht verstehen, in dem sie vollzogen wird. Nicht nach dem Vorbild der heidnischen Tempel ist unser Kirchenraum eingerichtet. Und auch die jüdische Synagoge gab kein rechtes Vorbild. So musste das Christentum, nachdem Kaiser Konstantin seinen öffentlichen Kult erlaubt hatte, beim Bau seiner Gotteshäuser völlig neu beginnen. Das eigentliche Vorbild des Kirchenraums wurde die Basilika, die Halle des Kaisers, in der er zu Gericht saß und Audienz hielt.

Diese Basilika war ein langgestreckter Saal, an dessen Ende – dem Eingang gegenüber – die halbkreisförmige Apsis lag. In ihr thronte auf einem Podium der Kaiser. Von hier aus sah er alle, hier wurde er von allen gesehen; immer sollte sein Angesicht auf sie blicken. An die Stelle eben dieses Thrones setzten die Christen den Altar.

Gottesdienstbeginn: Stille und Sammlung

Die Kirche des 4. Jhs. musste also einen völlig neuen Kirchenraum schaffen; weder Tempel noch Synagoge taugten als Vorbild. Die Basilika, die Halle des Kaisers, aber schien angemessen.

In spannungsvollem Schweigen, welches das Nahen des Kaisers ankündigte und würdigte, erwarteten in der Basilika nur Vornehmen und Hochgestellten seinen Einzug, sie stimmten sich ein und bereiteten sich vor. Was würde er heute zu sagen haben? Welchen Auftrag würde er heute an mich richten? Das geringste Geräusch, jede auffällige Bewegung wäre Sakrileg.

Wir warten auf den Einzug Christi, unsere Stille und Konzentration sind ein erster Dienst an Gott. Durch diesen Dienst sind wir eine Gemeinschaft, von Christus angesprochen als jeder Einzelne: Lass die Wüste deines Lebens hinter dir, vergiss den Sturm dieser Welt. Warte voll Sehnsucht, was ich heute mit dir vorhabe. Kommt alle zu mir, die ihr seid mühselig und beladen. Und ich werde euch er erquicken!

Gottesdienstbeginn: Einzug und Eröffnung

Ist die Gemeinde in gespannter Stille zur Ruhe gekommen, kann der Ersehnte sich nahen.

Wie der Kaiser mit den Senatoren und Würdenträgern, wie der Feldherr mit seiner Garde und den Fahnen und Feldzeichen so zieht nun der Priester als ein zweiter Christus ein. Kerzen und Weihrauch geben der Gegenwart des Christkönigs und diesem Einzug eine besondere Festlichkeit; sie erinnern an den Einzug in die Stadt Jerusalem. Dem Priester gehen voraus diejenigen, die bei der Messfeier einen besonderen Dienst am Altar oder am Ambo versehen: mit den Messdiener und dem Diakon und häufig mit dem Lektor schreitet er zu den Stufen des Altars.

Nachdem wir aufgestanden sind – von alters her erhob man sich, wenn eine Respektsperson eintrat -, begleitet unser Gesang den Einzug und begrüßt die Ankunft Christi. Der Priester hat nun eine doppelte Rolle, wenn er an den Altar tritt und ihn küsst: als Stellvertreter des Herrn bürgt er für dessen Anwesenheit; und im Auftrag der Gemeinde huldigt er ihm mit dem Kuss, d. h. er bittet um sein Wohlwollen, seine Geneigtheit und Gunst. Als Herrn erkennt er ihn an, dem Herrn verspricht er die Treue.

Indem der Name des dreieinigen Gottes, der Name des Vaters, des Sohnes und des Hl. Geistes, ausgesprochen wird, ist mit diesen ersten Worten der Messe ihr Urheber genannt und als anwesend bezeichnet. Die Formel erinnert an unsere Taufe. Durch unser Kreuzzeichen – mit Bedacht von der Stirne bis zur Brust, von der linken zur rechten Schulter geführt – wiederholen wir mit der treffendsten und grundlegendsten christlichen Gebetsgebärde unser Glaubensbekenntnis. Für uns ist eben der gekreuzigte Jesus von Nazareth der Messias und Christus und Gott.

Schuldbekenntnis: Ein reinigendes Bad

Schon der Beginn der Messe hat ihren grundlegenden Sinn gezeigt: mit der Messe dienen und verehren wir den anwesenden Gott, durch unsere Konzentration und unser Schweigen, durch unser Lied und unser Kreuzzeichen.

Nach dem feierlichen Einzug begrüßt der Priester die Gemeinde und fordert uns auf, unsere Schuld öffentlich zuzugeben. Vor Gott ist kein Mensch ohne Schuld. An sich wären wir also unwürdig, vor seiner Majestät zu stehen. Erst indem wir unsere Verfehlung eingestehen, um Verzeihung bitten und Besserung versprechen, dürfen wir wagen, dem Blick Gottes standzuhalten.

Als Zeichen unserer Reue, als Zeichen, dass wir unsere Schuld aufrichtig bedauern, schlagen wir uns zu dem dreifachen Wort „durch meine Schuld“ an die Brust, eine Geste lauter Klage und offener Demut, durch die ich selbst auf den zeige, der schuldig geworden ist.

Das abschließende Kreuz des Priesters grüßt die Gläubigen: Wir sind mit Gott versöhnt, er verzeiht uns. Nach dieser öffentlichen Buße, nach diesem reinigenden Bad ist der innere und äußere Friede wiederhergestellt, eine schwere Last haben wir abgeworfen.

Kyrie: Heil dem Auferstandenen

Uralt ist der Kyrie-Ruf, der dem Schuldbekenntnis und dem Sündennachlass folgt. In etwa entsprechen die Kyrie-Rufe dem Anruf „Herr“ oder „o Herr“, auch unserem „Heil“, unseren Heilrufen. Mit ihnen rief das einfache Volk dem Kaiser zu, wenn er sich öffentlich zeigte, begleitete ihn mit Beifall, Bitte und Dank. Selbst der Ärmste der Armen konnte sich an den Kaiser herandrängen wie die Kranke Frau an den Herrn, konnte den Mantel des Kaisers berühren und eine Bitte aussprechen. Im späten Kaiserzeremoniell hatten sich diese Rufe zu einer vorgeschriebenen Form verfestigt. Einer stimmte an, die Umstehenden stimmten ein.

So bitten auch wir im Wechsel zwischen Priester, der hier die Rolle des Zeremonienmeisters übernimmt, und den Gläubigen dreimal um Erbarmen, d. h.: um Verständnis und Mitgefühl. Wir bitten um Hilfe und Beistand. Mit Bedacht bitten wir Jesus den Kyrios, den auferstandenen Sohn Gottes, den stärksten Retter und siegreichsten Sieger.

Gloria: Applaus für Gottvater

Uralt wie das Kyrie ist auch der besonders feierlich gemeinte und oft vertonte Hymnus des Gloria-Gesanges. Mit ihm danken wir Gott, indem wir seine Hilfe bezeugen, nicht zuletzt für die gerade erlebte Vergebung. Ehre und Lob, Preis und Dank hängen hier eng zusammen. Wenn ein Jude oder ein Grieche „Danke!“ sagen wollte, erklärte er: Ich preise dich! Also „Halleluja“ – Lob und Preis und Dank und Ehre sei Gott.

Wie die Dreifaltigkeit ist das Gloria in drei Teile geteilt. Es beginnt mit den Worten, mit denen die Engel die Geburt des Welterlösers feierten („Gloria in excelsis deo“). Sie loben und rühmen Gott, heben hervor, was ihn auszeichnet. Der erste Teil des Gloria ist also als eine Art Beifall für Gottvater zu verstehen, als begeisterter Applaus dafür, dass der, von dem unser Wohl und Wehe abhängt, uns geholfen hat und hilft.

Dem Gotteslob folgt der auffordernde Zuruf an Christus, die Sünden zu vergeben und wegzuwischen. Am Ende sprechen wir offen aus, dass wir an Gott als einen dreifaltigen Gott glauben. Nur sagen wir nicht „Ja. Gott ist so“, sondern einfach „Amen“; ein Wort, das zunächst bei Zeugenaussagen vor Gericht oder beim Militär verwendet wurde. Es bedeutet: „Jawohl, ganz gewiss, das ist wahr!“ und ist gleichsam unsere Unterschrift unter das „Ehre sei dem Vater“, die Doxologie.

Weitere Artikel zur Eucharistie

Weitere Artikel zu den Sakramenten

Neueste Artikel

Schlagwörter: , , Last modified: 21. November 2020