Um zu verstehen, was die Beichte eigentlich ist – nämlich nicht ein bloßes Ritual zur Sündenvertilgung – sollten wir uns zunächst fragen, was denn das ist, was wir beichten.
Was ist eine Sünde?
Es mag Dich überraschen: Aber »Sünde« hat zunächst nicht soviel mit Moral zu tun. Es geht bei der Beichte nicht in erster Linie um Dein moralisches Verhalten – und logischerweise auch bei der Beichtvorbereitung nicht um eine moralische Innen-Revision.
Es geht um Deine Gottesbeziehung. Du gehst in der Beichte zu Gott, um Deine Beziehung zu ihm zu erneuern, auszuräumen, was im Wege steht und Deine Liebe zu ihm zu festigen. Die erste und wichtigste Frage ist also: Wie steht es um Dein Verhältnis zu Gott?
Stell Dir vor, Du merkst, wie Deine Freundschaft zu einem bestimmten Menschen immer langweiliger, routinierter und uninteressanter wird. Da nimmst Du auch nicht als erstes das Büchlein »Zehn Regeln für eine gelungene Freundschaft« zu Hand und kontrollierst, ob Du Dich in jeder Hinsicht gut verhalten hast. Selbst, wenn Du zum Schluss kommst: »Ich habe alle zehn Regeln eifrig und gewissenhaft befolgt« bleibt Deine Beziehung zu diesem bestimmten Menschen wie sie ist: erneuerungsbedürftig.
So fragen Menschen, die mit der Beichte konfrontiert werden, oft als erstes nach ihrem Sündenregister – und sind der Meinung, dass doch alles in Ordnung ist, weil sie keinen umgebracht haben – niemanden betrogen und niemanden verprügelt. Sie gehen die Liste der »Zehn Regeln für eine gelungene Gottesbeziehung« durch – die Zehn Gebote – anstatt sich an den zu wenden, um den es eigentlich geht: Gott.
Wenn Du eine Beziehung erneuern willst, dann frage Dich als erstes: »Was kann ich tun?« Du willst wieder etwas beginnen, was Du in dieser Beziehung vernachlässigt hast. Du suchst nicht nach Fehlern, sondern nach positiven Anknüpfungspunkten.
Sünde ist also in erster Linie nicht eine Verletzung von Regeln, sondern eine Beziehungsstörung. Regeln beobachten und überprüfen ist nur ein Weg, diese Störung zu entdecken. Der schönere Weg ist, sich neu zu verlieben.
Die Beichte: Du begegnest Gott
Viele, die das Wort »Beichten« hören oder auch tatsächlich beichten gehen, glauben, dass es sich dabei um ein Ritual handelt – so ähnlich wie das Händewaschen oder das Duschen. Sie überlegen lange, alles richtig zu machen und lernen Formeln, Sündenregister und Abläufe.
Dabei geht es in der Beichte um nichts weniger als um eine Gottesbegegnung. Wo immer Du beichtest (meistens wird es ja der Beichtstuhl sein – zur Architektur dieses Möbelstückes siehe: »Beichte für Anfänger«), betrittst Du sozusagen das Bundeszelt Gottes, das Allerheiligste, in dem Gott auf Dich wartet.
Eine Beichte lebt also nicht von der richtigen Wortwahl, sondern von Deiner Liebe zu Gott.
Eine biblische Grundlage der Beichte
Zugegeben – in theologischer Fachliteratur werden andere Bibelstellen zitiert (z.B. Mt 18; Mt 18, 21f; vor allem aber Joh 20,22f). Eine Szene aus dem Neuen Testament wird dabei gerne übersehen, dabei zeigt sich dort die Schönheit der Beichte in besonderem Maße:
»Als sie gegessen hatten, sagte Jesus zu Simon Petrus: Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich mehr als diese? Er antwortete ihm: Ja, Herr, du weißt, daß ich dich liebe. Jesus sagte zu ihm: Weide meine Lämmer! Zum zweitenmal fragte er ihn: Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich? Er antwortete ihm: Ja, Herr, du weißt, daß ich dich liebe. Jesus sagte zu ihm: Weide meine Schafe! Zum drittenmal fragte er ihn: Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich? Da wurde Petrus traurig, weil Jesus ihn zum drittenmal gefragt hatte: Hast du mich lieb? Er gab ihm zu Antwort: Herr, du weißt alles; du weißt, dass ich dich liebhabe. Jesus sagte zu ihm: Weide meine Schafe!« (Johannes 21, 15-18)
Am Boden brennt ein Kohlenfeuer, an dem Jesus und Petrus sitzen. Das letzte Mal, als Petrus an einem Kohlenfeuer saß, hat er Jesus dreimal verleugnet (Johannes 18, 18). Jetzt ist es an der Zeit, dass Petrus seine Sünden beichtet.
Aber Jesus fragt nicht nach der Sünde: »Wieso hast Du das getan? Versprichst Du, es nicht wieder zu tun?« – sondern fragt einfach nach der Liebe seines Apostels. Dreimal – damit Petrus auch genau weiß, warum Jesus fragt. Und als Petrus es endlich begreift, heißt es: »Da wurde Petrus traurig …« Erkenntnis stellt sich ein – und Reue. Das tut weh. Aber Petrus schaut tiefer, und er erkennt, dass diese Reue nichts anderes ist als Liebe – und er bekennt dem Herrn: Ja, ich liebe Dich!
Und schließlich schauen beide nach vorn: »Weide meine Schafe!« Die Sünden werden nicht analysiert – sie sind vergeben. Jetzt ist die Frage: Was bist Du bereit zu tun?
Das ist Beichte.
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