Die Sterbesakramente

Wenn möglich, sollte die Spendung der Krankensalbung eingebettet sein in eine Feier, die noch zwei weitere Sakramente einbezieht. Wir sprechen dann von «den Sterbesakramenten».
Zunächst sollte der Krankensalbung möglichst eine Beichte vorangehen, in der der Kranke seine Schuld selbst formuliert, bereut und Vergebung empfängt. Zusammen mit der Salbung steht dabei das Geschenk der Freiheit im Vordergrund, die Vergebung der Sünden, das Schwinden der Ängste, der verqueren Bindungen und der Zweifel.

Danach aber erst verwirklicht sich diese Freiheit in der Zuwendung und Hingabe, die ihren schönsten Ausdruck in der Kommunion erhält. Denn nun gibt sich nicht nur der Kranke in die Hände Jesu, sondern auch Gott gibt sich in die Wirklichkeit des Kranken. (Dazu findest du in der Katechese zur Eucharistie (link:038_eucharistie. htm) weitere Gedanken!) So ist die Salbung nach der Beichte die Vorbereitung auf eine neue Weise der Kommunion, der Einheit mit Jesus. Sowohl in der Gestalt des eucharistischen Brotes, als auch in der Verheißung der Aufnahme in das göttliche Liebesgeschehen im Jenseits.

Hingabe als Vollendung der Freiheit.

Im Alltag scheinen das Gegensätze zu sein: Entweder ich bin frei – oder ich binde mich. Gehe ich ein Angestelltenverhältnis ein – oder bleibe ich ein freier Mitarbeiter? Lasse ich mich nieder – oder bleibe ich ein Vagabund?
Wer aber Gott kennt, der begreift, dass auch schon für diese Welt die höchste Erfüllung der Freiheit darin liegt, sich in Liebe zu binden. Eine Bindung, die mir auferlegt wird, ist ja doch von grundlegend anderer Qualität als eine Verbindung, die ich in Freiheit selbst wähle, in Liebe eingehe und im Guten lebe. Ja, wahrhaftige und gute Bindungen und Beziehungen beenden nicht die Freiheit, sondern vergrößern sie noch!
So wird ein glücklich verheirateter Ehepartner seine Eheschließung und die unlösbare, exklusive Bindung an den einen Ehepartner nicht als Ende, sondern als Beginn einer neuen, größeren Freiheit begreifen. Mit einer Bindung an den Geliebten, an einen Orden und somit an Gott wächst die Freiheit wunderbar. Auch wenn die Welt uns manchmal das Gegenteil glauben machen möchte.

Deshalb führt die wahre Freiheit nicht zu einer Beliebigkeit («Jetzt kann ich endlich alles Mögliche und Unmögliche tun und lassen, was ich will!»), sondern zur größeren Hingabe («Jetzt kann ich den, den ich liebe, noch vorbehaltloser, umfassender und grenzenloser lieben!»).

Das mag in den Ohren von Skeptikern nach einem Schönreden von Freiheitsverlust klingen. Tatsächlich gibt es für das «größere Glück durch tiefere Bindung» keinen unwiderlegbaren empirischen Beweis (aber sehr wohl unzählige Beispiele, Erfahrungen und Indizien!). Für den Glaubenden ist die Hingabe als Erfüllung von Freiheit jedoch maximal verbürgt: Wir folgen nämlich dem Beispiel unseres Gottes. Der, der unendlich frei ist, hat es nicht als Verlust seiner Freiheit angesehen, sich den Menschen hinzugeben.

Paulus schreibt: «Seid untereinander so gesinnt, wie es dem Leben in Christus Jesus entspricht: Er war Gott gleich, hielt aber nicht daran fest, Gott gleich zu sein, sondern er entäußerte sich und wurde wie ein Sklave und den Menschen gleich. Sein Leben war das eines Menschen; er erniedrigte sich und war gehorsam bis zum Tod, bis zum Tod am Kreuz. Darum hat ihn Gott über alle erhöht und ihm den Namen verliehen, der größer ist als alle Namen, damit alle im Himmel, auf der Erde und unter der Erde ihr Knie beugen vor dem Namen Jesu und jeder Mund bekennt: Jesus Christus ist der Herr zur Ehre Gottes, des Vaters.» Phil 2,5-11

Letzte Ölung oder Krankensalbung?

Nun klärt sich vielleicht auch die Bezeichnung des Sakramentes, das früher als «Letzte Ölung» bezeichnet wurde, heute aber die offizielle Bezeichnung «Krankensalbung» trägt. Denn wer so wie eben beschrieben frei wird von allen metaphysischen Ängsten, kann sich nicht nur der himmlischen Herrlichkeit neu zuwenden, weil er diese in Gott erkennt. Er kann durchaus auch die Möglichkeit haben, sich neu dem irdischen Leben zu widmen. Weil er dort Gott ebenfalls findet. Wer die Angst vor dem Tod verliert, verliert damit auch die Angst vor dem Leben!

Das setzt natürlich voraus, dass die Krankheit oder Verletzung des Empfängers eine Heilung zulässt («gratia supponit naturam» – die Gnade setzt die Natur und deren Möglichkeiten voraus). – Es haben mir aber auch viele Priester schon von wunderbaren Heilungen bei der Spendung der Krankensalbung berichtet.

Wer Gott in seiner großen Liebe, Kraft und Realität erfahren hat, wird vielleicht neuen Mut zum Leben gewinnen; eine wiedererstarkte Motivation oder ein neues Erkennen von Verantwortung für die Lebenden. Für diejenigen, die gestärkt durch die befreiende Wirkung des Sakramentes nun den letzten Schritt auf ihrem Weg von dieser in die nächste Welt gehen, war es dann tatsächlich die «Letzte Ölung» und eines der «Sterbesakramente»; für diejenigen die sich seelisch und körperlich gestärkt noch einmal dem Leben in dieser Welt zuwenden, war das Sakrament eine Hilfe zur Überwindung einer ernsten Krankheit – die «Krankensalbung».

Überlassen wir es dem wunderbaren und nicht näher durchschaubaren Beziehungsgeschehen, dass sich in diesem Augenblick zwischen Gott und dem Menschen abspielt, welche Folgen die Spendung des Sakramentes hat. Die Wirkung ist dagegen immer die gleiche: Durch das Schwinden der Ängste wird eine noch größere Liebesbeziehung zwischen Gott und Mensch möglich. Ob in dieser oder in der nächsten Welt. (In der «Litanei für die Verstorbenen» wird darum gebetet, dass der Verstorbene von der Angst vor dem Tod und der Angst vor dem Leben befreit wird!)

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Schlagwörter: , , , Last modified: 17. August 2020